Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

es ging ihm mit dem Torpedo wie mit dem Dampfſchiffe.

Der erſte Napoleon wies die Erfindung des Dampfſchiffes, mit der er England hätte bezwingen fönnen, als eine unerreihbare Shwärmerei von ſi<, und der engliſ<he Admiral, dem zuerſt der Fulton’ſhe Torpedo zur Kenntuiß gebraht wurde, nannte den Erfinder desſelben den „größten Narren“ ſeiner Zeit. Die Seemänner wollten von dem Torpedo überhaupt nichts wiſſen, ſie bezeihneten denſelben als die Waffe einer feigen und nihts8würdigen Kriegführung. Der amerikaniſhe Bürgerkrieg in den Sechziger Jahren brachte ſie erſt zur Geltung, ſie wurden zuerſt von den rebelliſhen Südſtaaten zur Anwendung gebracht, die ſi<h damit der Uebermacht der nordſtaatlichen Flotte zu erwehren ſuchten, und ſehr bald wurde ſie au< von den Nordſtaaten adoptirt, wobei allerdings der tapfere Admiral Faragut den Ausſpruch that, er habe die Torpedos ſtets einer ritterlihen Nation als unwürdig erachtet.

Fn Europa folgte man ſofort dem amerikaniſhen Beiſpiel. Während eine internationale Commiſſion, die in Petersburg ihre Berathungen pflog, die Anwendung von Exploſionsgeſchoſſen für Kleingewehr als unſtatthaft erklärte, ſind die Torpedos ein „legitimes“ Kriegsmittel. Ein Exploſionsgeſhoß trifft allerdings nur einen einzigen Menſchen, und indem es platt, reißt es eine ſhauderhafte Wunde, die faſt immer den Tod herbeiführt. Der Getroffene muß zu viel leiden, es iſt niht human, eine ſolhe Waffe zu gebrauchen. Durch einen Torpedo aber gehen mit einem Schlage einige hundert Menſchen mit ſammt einem Schiffe, das einige Millionen Gulden foſtet, zu Grunde, eine ſolhe Waffe iſt folglich „legitim“, und da der Tod ſehr ſchnell eintritt, gewiß au<h „human“. Das freili<h hat den Militär niht zu kümmern, und. ſeit mehr als einem Fahrzehnt ſehen wir die Anſtrengungen der Genie-Offiziere aller Länder auf den einen Punkt gerichtet, die Torpedos auf den höchſtmöglihen Grad der Vollkommenheit in dem Zwe>ke der Zerſtörung zu bringen, und man muß geſtehen, daß dabei nicht blos alle die Hilfsmittel, wie ſie die moderne Wiſſenſchaft, die Phyſik insbeſondere, an die Hand giebt, umfangreiche Verwendung fanden, ſondern, daß auch geiſtreiche und ſcharfſinnige Fdeen in der Conſtruction dieſer Waffe entwickelt wurden.

Der Torpedo, welcher bei Braila dem türkiſchen Panzerſchiffe den Untergang brate, war ein ſogenannter „offenſiver (Angriff s-) Torpedo“, Es ſind bekanntli<h zwei Hauptgruppen von Torpedos vorhanden. Die einen liegen ſtill und unbewegt unter dem Waſſerſpiegel, gewärtig, daß ein feindlihes Schiff herankommt und an ſie anfährt, wobei die Sprengladung in

ihrem Funern ſi< entzündet und das Schiff von unten oder von der Seite auseinanderreißt, und das ſind die Defenſiv- (Vertheidigungs-) Torpedos, die anderen werden durch verſchiedene Mittel dem feindlichen Schiffe entgegengeſendet, his an dieſes hinangeſtoßen und uun erſt zur Exploſion gebracht, und das ſind die offenſiven Torpedos.

Die einfachſte Form iſ der defenſive Torpedo. Man kann einen ſolhen ſehr leiht herſtellen, wenn man eine große Glasflaſche, etwa zehn Maß, wie man fie zur Aufbewahrung geiſtiger Getränke braut, eine hölzerne Kiſte, in welche die Glasflaſche paßt, eine gläſerne Röhre, eiñen Kork, ein wenig Schwefelſäure, etwas Zueker und <lorſaures Kali und etwa zehn Kilo Pulver hat. Der Torpedo iſ} dann ſehr bald fertig. Man füllt das Pulver in die Flaſche, durhbohrt den Kork, ſte>t in das Loh das Glasrohr und ſtellt auf das Pulver ein kleines Gefäß mit dem Zu>er in den <lorſauren Kali, darauf füllt man das Glas8rohr mit Schwefelſäure, ſo zwar, daß dieſelbe nur dann auf das Gefäß mit dem Zu>cr und <lorſauren Kali fließen kann, wenn das Rohr verbrochen wird, ſtopft die Flaſche mit dem Kork zu, giebt ſie in die Holzkiſte, in der nah oben eine Oeffnung angebracht iſt, aus welcher die Glasröhre hervorſicht, und verſenkt die Kiſte dann in das Meer. Sehen wir nun, was geſchehen muß, wenn ein Schiff über dieſe ſo verſte>te Kiſte hinwegfährt und an das hervorragende Stü>k der Glasröhre anſtreift. Dieſe wird natürli<h zerbrohen. Die älteren Leute werden ſi< noh an die erſten Zündhölzchen mit blauen oder rothen Köpfchen erinnern. Man hatte ein Fläſchchen dazu, in wel<hes das Zündhölzchen hineingeſte> wurde, das man ſofort brennend hervorzog. Jn dem Fläſchchen befand ſi<h ein Tropfen Schwefelſäure, das Köpfchen beſtand aus <lorſaurem Kali. Dieſes entzündit ſi<h bei der Berührung mit der Schwefelſäure, eine Beimiſchung von Zu>er aber macht es intenſiver brennend. So geht es nun innerhalb der mit Pulver gefüllten Flaſche in dem Momcn.e zu, als die Glasröhre dur< das anſtreifende Schiff gebrohen wird. Die Schwefelſäure tröpfelt auf das mit Zu>ker gemengte <lorſaure Kali, dieſes entzündet ſi<h, das Feuer theilt ſi< dem darunter befindli<hen Pulver mit, dies iſt das Werk einer Sekunde, die Mine geht los, das Schiff erhält im Boden oder in der Seite eiue ſchwere Beſchädigung, es wird in die Höhe gehoben, das Waſſer dringt ein, dann ſinkt es und es iſt verloren.

Da haben wir die einfa<hſte Form der Torpedos defenſiver Art und dieſe Schilderung giebt einen Begriff von der Wirkung aller Arlen von Torpedos. Vollkommen ſind die mit der elektriſchen Zünt vorrichtung. Die öſterreihiſ<hen Tor-