Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
pedos dieſer Gattung ſind 103 Centimeter ho< und 109 Centimeter weit, ſind aus Eiſenblech, wiegen beiläufig 900 Kilo und ſind mit 240 Kilo Schießbaumwolle geladen. Von dem Torpedy geht ein Draht zu einem Beobachtungspunkte auf dem feſten Lande, dort iſ ein Fnſtrument aufgeſtellt, ein vom Erzherzog Leopold angegebener teleſkopiſher Apparat, dur< welchen es möglich iſt, genau zu ermitteln, ob ein herankommendes feindlihes Schiff eben über den Torpedo ſ<hwimmt. Zeigt das FJunſtrument den Moment an, dann wird dur< den Draht mittelſt der Elektricität die Ladung des Torpedos entzündet und das Schiff iſt verloren. Wenn man einen Hafen, oder eine längere Küſtenſtre>e ſhüßen will, ſo werden natürli<h viele ſolche Torpedos verſenkt; die elektriſhe Zündung hat aber den Vortheil, daß die eigenen Schiffe ruhig hin- und herfahren können, weil dieſer Torpedo nur dann losgeht, wenn vom Lande aus der eleftriſhe Strom dur< den Draht hineingeleitet (beziehung8weiſe unterbrochen) wird, während bei den oben geſchilderten Contact-Torpedos jedes Schiff, das an ſie anfährt, bei der Berührung in Gefahr kommt.
Die Offenſiv-Torpedos ſuchen die feindlichen Schiffe auf. Jhre Conſtruction iſt theilweiſe höchſt finnreih. Es giebt welche, die ſi< ſelbſt bewegen, und zwar nah der Richtung, wohin ſie den Anſtoß bekommen haben. Sie ſ{hwimmen wie ein Fiſh. Sie haben eine Form, vergleihbar einem Körper, der aus zwei Zuckerhüten, die mit den breiten Seiten (der Baſis) zuſammenſtoßen, gebildet wird. Eine Spitze alſo vorn, die andere hinten. Natürlich iſt das Ganze aus Eiſen gefertigt. Jn den hohlen Raum kommt die Ladung. Aber außerdem wird in denſelben Luft hineingepreßt. Wenn dieſer Fiſhtorpedo in Bewegung geſezt wird, beginnt in demſelben Augenblicke die in ihm enthaltene verdihtete Luft dur eine Oeffnung herauszuſtrömen, und das geſchieht mit großer Gewalt, der Luftſtrom trifft eine kleine Turbine, ein Rad, wie es vom Waſſer in Bewegung geſeßt wird, und dieſe Turbine * beginnt zu arbeiten und \ößt den Torpedo nah vorwärts. Ein kleines Steuer erhält ihn in gerader Richtung. So gelangt der Torpedo an die Wand des feindlihen Schiffes, ſtößt an ſie mit der vorderen Spitze, und durh dieſen Stoß wird die Exploſion der Ladung bewerkſtelligt, der Torpedo hat gewirkt. Statt der Luft verwendet man in neueſter Zeit verdichtete Kohlenſäure, die einen feſten, ſ{<hneeartigen Körper bildet, wodur<h es möglich iſt, während einer viel längeren Zeit die Turbine des Torpedos in Bewegung und folglich dieſen in Gang zu erhalten. So ein Torpedo fann eine Entfernung von faſt 4000 Schritte zurü>ſegen, wenn er einmal los8gelaſſen wird.
Es giebt aber auch einfachere Arten von
ſolhen offenſiven Torpedos, die ſi< faſt gar niht von den defenſiven unterſcheiden. Dieſe wurden von den Ruſſen in Anwendung gebracht. Die Lieutenants Dubaſchoff und Scheſtakoff brachten auf die rumäniſhe Schaluppe „Rumwunika“ einige Torpedos und begünſtigt von der Dunkelheit und wahrſcheinli<h au<h von der geringen Wachſamkeit auf dem türkiſhen Panzerſchiffe, ruderten ſie an dasſelbe heran, ließen an deſſen Seite die Torpedos, welche mit „tampirten Zündern“" verſehen ſein mochten, hinab und entfernten ſi<h dann, Dieſe Zünder ſind ſo vorgerihtet, daß ſie eine gewiſſe Zeit fortglimmen, bis das Feuer die Sprengladung erreiht, Die Scaluppe entwiſchte und erſt als ſie weit genug war, gingen die Torpedos los und das Panzerhi verſank mit ſeiner Mannſchaft.
Nicht immer hat man es aber mit einem
Feinde zu thun, der eine ſo geringe Wachſamkeit
entwi>elt. Um mit offenſiven Torpedos ſicher an die feindlihen Schiffe heranzukommen, ‘hat man Boote conſtruirt, die eine gewiſſe Zeit unter dem Waſſerſpiegel ſi< fortbewegen können, die alſo ſ<hwer zu entde>en ſind. Dieſe Boote nähern fih ihrem Opfer, und nachdem ſie es mit einigen Torpedos beſpi>t, fahren ſie davon, um in Sicherheit die Wirkung dieſer Minen abzuwarten. Es giebt auh ſol<he von Dampf bewegte Boote, die ſehr wenig aus dem Waſſer hervorragen und deren Spite ſelb ein Torpedo iſ. Sie fönnen niht leiht von den Geſhübßen des feindlihen Schiffes getroffen werden, rennen an dasſelbe mit der geladenen Spitze, die ſi< ablöſt, und während das Boot zurü>fährt, unter dem Körper des feindlihen Schiffes platt.
Nicht mit Unrecht hat der engliſche Admiral St. Vincent von den Torpedos behauptet, daß dieſes Krieg8mittel die Flotten der Herrſchaft über die Meere berauben würde. Vor dieſen ſ{<wimmenden Minen iſt kein Schiff ſicher, ein verläßlihes Mittel der Abwehr iſt niht vorhanden und gegen Torpedos müſſen eben wieder Torpedos gebrau<ht werden. Sie ſind eben gegenwärtig eine „loyale Kriegs8waffe“, aber jene tapferen Seemänner, die ſie einer „ritterlichen Nation“ für unwürdig erachtet und ſie als Hilfsmittel einer „feigen und nihtswürdigen Kriegführung“ bezeichnet hatten, ſie werden gar manhem Soldaten, der den Tod im offenen Kampfe niht ſcheut, aus dem Herzen geſprochen haben.
Die Torpedos haben natürli<h au< in England nicht verfehlt, Aufmerkſamkeit zu erregen. Jm Hafen von Portsmouth hatten in den erſten Tagen des Juni verſchiedene Verſuche mit Torpedo-Apparaten ſtattgefunden, wobei zum erſten Male ſogenannte Gegen-Torp edos zur Verwendung gelangten. Bei der in jenem Augenbli>e allgemein herrſhenden Beſorg-
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