Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
die Bevölkerung von Ruſtſhuk nichts Böſes ahnte, eröffneten plößli<h die Ruſſen von ſe<s Batterien ein heftiges Geſhübfeuer auf die Stadt. Die feindlihen Schüſſe kamen Allen, ſelbſt der türkiſhen Armee ſo unerwartet, daß die Donauforts erſt na< fünf Minuten das Feuer zu erwidern begannen. Mittlerweile war in der ganzen Stadt eine heilloſe Verwirrung ‘ausgebrochen, die mit jedem Augenbli>e, mit jeder neuen Schre>enskunde, die ſi< blißſ<hnell verbreitete, wu<s. Die erſten ruſſiſhen Granaten flogen über die Stadt hinweg und fielen in die Weinberge am ſüdlichen Hügelabhange oder in die äußerſten Häuſer des dortigen türkiſ<h-armeniſhen Viertels. Bald aber wurde die bedeutende Schußweite (3"/) bis 4 Kilometer) verringert und die Granaten ſ<lugen in die Stadt ſelbſt ein. Die beiden nä<hſt Slobozia befindlichen ruſſiſhen Batterien erwählten die Türkenvorſtadt am Lom- Thale, zwei andere Batterien vornehmlich das Centrum der Stadt und das jüdiſcharmeniſche Viertel zum Objecte, während die beiden leßten Batterien das innere und äußere Bulgarenviertel (Jtſh- und Duſh-Weroſh) be\hoſſen. Als die Türken gewahrten, daß die Ruſſen das Bombardement der Stadt Ruſtſchuk ſelbſt im Auge hatten, ſo begannen ſie — nah raſh im telegraphiſhen Wege aus Conſtantinopel eingeholter Erlaubniß Giurgewo und Slobozia als Revanche mörderiſch zu beſchießen ; dies währte etwa anderthalb Stunden. Die Ruſſen, deren Feuer um dieſe Zeit bereits \{<wächer wurde, eröffneten nun abermals mit verdoppelter Wuth ihr Feuer gegen Ruſt \<uk. Ohne die aufgehißten Flaggen zu beachten, ohne die hriſtlihen Viertel zu ſ{<honen, wurden die ruſſiſhen Geſhoße nah allen Richtungen entſendet. Die Ruſſen ſchoſſen aus 24 bis 28 Kanonen, lauter Krupp’ſhen 12- und 15- Centimeter-Geſhüßen, während die Türken aus ihren Donauforts, die na< und na< in's Feuer kamen, nur 10 Krupp-Kanonen, außerdem aber 22 Vorderlader, zuſammen alſo 32 Geſchütze, in's Treffen führten.
Abends gegen 7/, Uhr eröffneten zwei neue ruſſiſ<he Batterien mit je drei Geſchützen, welche bi8her geſ<hwiegen hatten, ein concentriſhes Feuer auf die in der Bucht der Lom-Mündung anfernden türfiſ<hen Kriegs-Transport-Dampfer. Den drei das Feuer ſofort erwidernden türfiſchen Forts an der Lom-Mündung und oberhalb derſelben gelang es zwar, na<h etwa ?/,ſtündiger Kanonade die jenſeitigen Batterien zum Schweigen zu bringen, do< konnten ſie die Beſchädigung von drei größeren Dampfſchiffen, des „Widdin“, des „Lom“ und des „Niſ<h“, von welchen eines in Grund gebohrt wurde, nict verhindern. ,
Auch nach anderer Richtung hatten die Türken
feinen beſonders günſtigen Tag. Wohl gelang es ihneu, einige feindlihe Geſhüße, ja ganze Batterien auf furze Zeit verſtummen zu machen und den Ruſſen dur< die in ihre Verſhanzungen einſhlagenden Granaten ſ{<were Verluſte beizubringen, do< konnten die Türken troß aller Anſtrengungen weder die feindlihen Schanzen genügend zerſtören, noh die ruſſiſchen Geſchüße außer Kampf ſetzen.
Ungleich beſſer beſchoſſen die Batterien die Stadt Giurgewo. Um 6/7 Uhr eröffneten die Forts Said Paſcha und Salhane, welchen ſi au<h dann die Baſtion Paſchalar anſchloß, ein wahres Schnellfeuer auf Giurgewo und richteten dort ſehr bedeutenden Schaden an. Der Kampf entbrannte nun abermals mit erneuerter Kraft auf der ganzen Linie. “Die zwei ruſſiſchen Batterien, wie bereits oben bemerkt, rü>ten in's Feuer gegen die Lom-Mündung, wurden aber von den dominirenden türkiſhen Donauforts Mefi, Kedir Baba und Karantina zum Schweigen gebracht.
Um 8*/, Uhr Abends verſtummte das Feuer in ſeiner ganzen Aus8dehnung längs der Donau und es war nun mögli<, unter dem Schutze der Nacht das fürchterlihe Zerſtörung8werk der feindlihen Geſchoße in Augenſchein zu nehmen, Die Mehrzahl der feindlichen Projektile ging in den bevölfertſten Vierteln der Stadt nieder und verurſachte nebſt dem ſ<hweren materiellen Schaden au< verhältnißmäßig ſehr bedeutende Verluſte an Menſchenleben. Das Centrum der Stadt, der Konak, von deſſen Dach wegen ſeiner gegenwärtigen Verwendung als Spital die Genfer Flagge wehte, die türkiſhe Staatsdrucferei, das Gefangenhaus, die weitläufize, gleihfalls als Spital verwendete Kaſerne wurden arg beſchädigt. Ebenſo übel wurden die weitergelegenen türkiſ<-armeniſchen und jüdiſchen Viertel zugerihtet. Das ſogenannte, überdies dur< die Flaggen der dort befindlichen Conſulate Frankrei<hs und Englands kenntlich gemachte europäiſhe Quartier an der Donau blieb ebenſowenig verſchont, das engliſ<he Conſulats-Gebäude, eines der ſ{hönſten und ſolideſten Häuſer, wurde durch vier Projektile buchſtäblich demolirt. Auch das bulgariſche Viertel der Stadt erlitt fur<tbaren Schaden, die Straßen waren von den Geſchoßen förmli<h dur<fur<t. Dachziegel, Holzwerk, ganze Wände und Theile von Häuſern lagen nach allen Windrichtungen zerſtreut umher.
Die Bevölkerung, von der Beſchießung überraſt, hatte feine Zeit, die Flucht zu ergreifen ; da bombenfeſte Räume nur in beſchränkter Anzahl vorhanden waren, rettete ſi< Alles in ſehr unſichere Unterkunft bietende Keller und Magazine, Viele blieben in ſtumpfer Verzweiflung vor den Häuſern oder in den Gärten, ‘ohne Schuß oder De>ung ſtehen. Daher erklärt ſi< au< die be-