Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel
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beſchäftigt, ih war immer allein mit meinen Kindern und er mußte ſeinen ganzen Tag im Regierungs - Gebäude zu=bringen. Umſonſt gab ih mir große Mühe mich an dieſe mix ſo fremde Lebensweiſe zu gewöhnen; ih konnte es nicht. Man gab in Magdeburg nux unglaublich lange große Diners, bei denen man faſt den halben Tag bei Tiſche ſaß und ſich tödtlih langweilte. Nach und nah verſuchte ih, dex dortigen Welt dieſe Diners abzugewöhnen, und wie es in der übrigen Welt Sitte iſt, dafür Soupers einzuführen. Jh ſing an, öfters Leute bei mir zu ſehen und Alles kam gern und mit Freuden, was mi ebenfalls freute. Jh \{<loß eine innige Freundſchaft mit Fräulein von Bork, der Tochter des Generals von Bork, einem fehr liebenswürdigen und geiſtreichen Mädchen; aber leider entriß ſie mix der Tod im Jahre 1756.
Am 14. December 1755 ſchenkte mir Gott eine Tochter. Frau von Biedexſee pflegte mih in Wochen; anfangs war ih ziemlih wohl, aber nah den erſtèn Tagen ſtellten ſih Krämpfe bei mix ein, und dieſe Nerven - Krämpfe ſind mix zu meiner Qual von da an geblieben. Auf den Rath der Aerzte brachte mich mein Mann im nächſten Sommer, 1756, erſt in die Bäder von Aathen und dann nah Spaa, während meine Kinder ſo lange untex guter Pflege in Groß - Giewiß zurücfblieben. Es war ſehr voll und belebt und viel [iebens8= würdige Leute an dieſen beiden Badeorten und ih machte eine Menge angenehmer Bekanntſchaften; unter Anderen die des Sächſiſchen Feldmarſchalls Rutowsky und des Grafen Gollowkine. Mein Mann hatte es ſelbſt veranlaßt, daß mix dieſe Herren vorgeſtellt wurden und mich wiederholt gebeten, ih möchte doh verſuchen mich zu zerſtreuen und auf-