Auf gefährlichen Pfladen = Erinnerungen eines verbannten französischen Priesters auf seinen Reisen durch die Schweiz in den Jahren 1794-1798

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zum Kirchhof getragen, der ziemlih weit außerhalb der Mauern gelegen iſt. Nach den lezten Ceremonien und Gebeten ergriff der Pfarrer das Wort und hielt am Grabe ſelbſt zur Erbauung der Lebenden die Leichenrede, zuerſt deutſ< an die zahlreichen Deutſchen, dann an uns lateiniſ<h. Mit natürlicher und edler Beredſamkeit pries er die Talente und Tugenden des Domherrn, mit Ge{<i> und Rührung hob er die Opfer hervor, welche er der Pflicht und Religion gebraht und fand darin, unter Hinweis auf den Todten, für die franzöſiſchen Prieſter eine Aufmunterung, ruhmvoll den Kampf durhzufehten, den ſie gegen die Feinde Gottes und ſeines Geſalbten aufgenommen, und ihn ebenſo rühmlih zu vollenden, wie ſie ihn angefangen. Dieſe Rede war ein e<tes Hirtenwort, das auf alle Geiſtlichen einen lebhaften und angenehmen Eindru> hervorbrachte. Der Pfarrer verrichtete no< einige Gebete, warf Erde auf die Leiche und gab den lezten Segen. Die andern beſprengten dann ebenfalls das Grab mit Weihwaſſer. Die Verwandten und Freunde des Verſtorbenen trugen lange, ſ{hwarze Mäntel und Schärpen. Sie beteten laut den Roſenkranz; dieſer wird bei den Deutſchen und auh bei den Spaniern bei jeder Gelegenheit gebetet, au< in der Kirche; man betet ihn abwe<ſelnd und in der Landesſprache, was für franzöſiſche Ohren nicht angenehm tönt. Die Franzoſen, um dem Gebrauch des Landes zu folgen, beteten ebenfalls abwechſelnd in zwei Abteilungen, ſtatt des Roſenkranzes aber beteten ſie Pſalmen.