Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
250 Mannigfaltigeë.
werden müſſe. Entzüct über die neue Bekanntſchaft faßte dex Künſtler die Hand ſeines Gefährten und vief :
„Wir müſſen uns hier öſter ſehen, wir müſſen Freunde werden !“
Der Andere verſicherte, daß ihm dies ſehr angenehm ſein werde. „Auch i< kann no< manches von Jhnen lernen,“ jagte er, „und deshalb wird es mich freuen, Jhnen hier wieder zu begegnen.“
„Recht ſo, aber nun hinweg mit dem ſteifen und langweiligen „Sie“, laſſen wir an deſſen Stelle das vertrauliche „Du treten, wie es ſich für gleichgeſinnte und ebenbürtige Kunſtgenoſſen gebührt. Jh heiße Elbenberger, und Du — wie nennſt Du Dich 2°
„Mein Name iſ Bayer; Du wirſt ihn ſchwerlich ſhon gehört haben, da ic eigentli nicht ſelbſt male, ſondern nur, ſoweit ih das vermag, die Kunſt unterſtüße,“ verſebte Jener.
Du malſt nicht ſelbſt?“ rief Elbenberger verwundert, „und doch müßteſt Du bei Deinem Farbenſinn und Deiner feinen Beobachtungsgabe ein ganz vortrefflicher Maler geworden ſeim.“
„Wohl möglich, aber die Verhältniſſe —“
„Ja, die Verhältniſſe!“ unterbrah der Andere, „Jie nd dex Hemmſchuh, an dem auch ich zu ſchleppen habe. Wer doch etwas tiefer in die Taſchen greifen könnte!“
„Ueber Mangel an Geld daxf i eigentlih nicht flagen,“ ſagte der Fremde, „es ſind andere Gründe, die mich an dex AuSsübung der Kunſt hindern, ih habe zu viel andere Dinge îim Kopf.“
„Aber wenn ih Geld beſäße, würde ih mich den Kufuk um e Dinge kümmern,“ meinte der junge Mann; „leider bin ih nicht ſo glülih, meine ganze Baarſchaft beſteht momentan aus drei Kreuzern, und die Mittagsſtunde rü>t heran. Jm
Speiſehauſe habe ich keinen Kredit, und meine Farben und Pinſel fann ih niht eſſen!“