Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
190 Eine gelehrte Schildwache.
Der Rektor der Univerſität machte darauf bei der landgräflih heſſiſchen Regierung in Kaſſel eine Klage gegen den Magiſtral von Rinteln anhängig, die mit der Ver= urtheilung deffelben zu einer bedeutenden Geldſtrafe und der Aufhebung jenes mittelalterlichen Brauches der zwangs= mäßigen Werbung in ganz Heſſen endete. Aber wie human auh der damals regierende Landgraf Karl war und wie ſehr er au als einer der trefflichſten Regenten feiner Zeit geprieſen wird, fo erachtete er es doh nicht der Mühe werth, wegen eines Studenten, der feiner angeſehenen Familie an= gehörte, und deſſen Eltern niht mehr am Leben waren, diplomatiſche Unterhandlungen anzuknüpfen.
Der junge J>ſtadt, der aus Bo>enhauſen bei Epſtein im Mainziſchen gebürtig war, wo ſein Vater Schmied gewefen, hatte ſih au<, als er jenſeit der Grenze ſah, in weſſen Hände ex gefallen war, über eine günſtige Wendung ſeines unerwarteten Mißgeſchi>es keinerlei Jlluſionen ge= macht. Er wußte, daß er dur<h Widerſtand ſeine Lage nux noh ſ{limmer machen würde, fügte ſfih in das Unabänder= liche und erwartete mit philoſophiſcher Ruhe als Soldat der engliſchen Krone an der Grenze des unruhigen, auf= ſtändiſchen Schottlands eine günſtige Gelegenheit ab, die ihn von dem unfreiwillig ergriffenen Berufe wieder befreien würde. JFnzwiſchen fand der junge Mann Muße genug, um feinen philoſophiſchen Studien und Betrachtungen auch im Soldatenſtande nahzuhängen; den größten Theil ſeiner ziemlich reichen Löhnung verwendete ex auf den Ankauf von Büchern , und in dex Wachtſtube, wenn ſeine Kameraden wiirfelten und Karten ſpielten, tröſtete er ſich mit ſeiner