Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Novelle von S<hmidt-Weißenfels. 111
Perſönlichkeit ſtimmen fonnte, ſondern auh durch die höchſt ausführlichen Kenntniſſe, die ex aus dem Tagebuch des Ermordeten über deſſen gehabte Reiſepläne, Erlebniſſe und Brivatverhältniſſe, über deſſen Gedanken und Stimmungen bis zum lebten Lebenstage gewann. Nach der Liebhaberei der Zeit hatte dex reiſeluſtige Böhme darüber die umſtänd= lichſten Niederſchriften für ſich gemacht, um ſo mehr offen= far, als er, wie verſchiedene Stellen ſeines Tagebuches belehrten, ohne Familie in der Welt und ein menſchenfeind= licher Sonderling wax, der an Niemanden Briefe zu ſ<hrei= ben brauchte und zu ſchreiben ſich gewillt fühlte.
Dex Condéer mit ſeinem hellen Kopf und ſeiner {nell beweglichen Phantaſie hatte es daher leicht, die frevelßafte Rolle des Stellvertreters dieſes nunmehr ſpurlos von der Erde verſchwundenen Mannes zu ſpielen. Wenn ex auf dieſen Einfall in der Nolh gekommen, um in allex Ruhe und Sicherheit die Heilung ſeiner Wunde zu ermöglichen, und nux ſo lange des falſchen Namens ſi< zu bedienen gedachie, ſo wurde mit der näheren Kenntniß aller Ver= hältniſſe des Böhmen dex Einfall zu einem Lebensplan, den ex ſi<h mit all? ſeiner erregten Einbildungsfkraft formte und exweiterte. Ex bemerkte die Neigung Toni's und ex ertviederte ſie. Schnell ſtieg in 1hm nun auh die Hoff= nung auf, ſie als der fremde Horak zum Weibe nehmen zu fönnen, als ſolcher der Schwiegerſohn des wohlhabenden, in der Gegend angeſehenen Herrn Aris zu werden und damit auf einmal, wie dux< Zaubermacht, ſeinem Leben eine wunderbare Wendung zu geben.
Es gelang dex Gewiſſenloſigkeit und der Phantaſie