Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
46 Der Taliêman des Weibes.
für zu intereſſiren, gibt Dix das ein Recht, von Hinter= gangener Liebe und dergleichen LThorheiten zu reden?“
„Jh weiß es,“ muxmelte ſie bitter, „daß ih ni<ts verſtehe, nichts kenne, ni<ts begreife!“
„Juma“ Die eigenthümliche Falte auf ſeiner hohen Stirne grub ſich in dieſem Augenbli> tief ein und dex ſcharfe Zug um die Lippen ward auffällig fichtbar. „Wie weit willſt Du Dich noh vergeſſen ?“
„Du haſt es mix jet ſo oft geſagt, daß i< es faſt bedauere, niht Frau Apotheker Müller zu ſein, vielleicht könnte i< da eher auf Deinen Beifall reunen!“
„Auch ohne dieſe Metamorphoſe,“ entgegnete er eiſig, „wirſt Du nach dieſer Scene lange Zeit niht auf meinen Beifall zu rechnen haben. Jch haſſe eheliche Stürme und werde Veranlaſſung nehmen, Dir Zwang aufzuerlegen.“
„Du willſt jenes Mädchen kommen laſſen?“ drängte es fi ihr angſtvoll über die Lippen. „Das wollteſt Du?“
„Sie wird Dir zeigen, wie man mit ſeinem Loos zu= frieden lebt, wie man talentvol!l ſein und denno< weibli< liebenswürdig bleibenkann. Fhr werdet Euch Beide ergänzen. “
„Thue es nicht!“ rief die junge Frau flehend. BVer= {wunden waren Zorn und Bitterkeit. Einem Kinde gleich umfklammerte ſie den Arm ihres Gatten. „Thue es niht, Hans, ih will mi beſſern, aber laß die Fremde fort! Laß ſie nicht zwiſchen mir und Dix ſtehen, eine innere Stimme warnt mih davor! J<h könnte ihr nie anders als mit Widerwillen begegnen, mit dem Gefühl meines getränkten Rechtes. O, thue es niht, Hans! J< ver= ſpreche Dir Alles, nux laß uns allein bleiben!“