Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Roman von Georg Hartwig. 49
den Arm bietend, „wenn i<h Jhnen diesmal ein koſtbares Vorrecht ſtreitig mache!“
„Die Jugend, die Jugend!“ ſeufzte Dreyſing humori= ſtiſch, dem Amtsrichter ſeinen Arm reichend. „Laſſen Sie uns getroſt im Nachtrab bleiben , denn, lieber College, es fommt die Zeit unbeſtreitbar, wo wir was Gutes in Ruhe ſ{<maufen mögen |“
„Daß Sie Epikuräexr ſind, bezweifelt Niemand !“
„Nun, und was gibt es daran zu tadeln?“ rief Drey= ſing herausfordernd. „Das leßte Ziel im Leben iſ do< cin Genuß in Ruhe, oder, wenn das beſſer flingt, ein ungeſtörter Zuſtand der Schmerzloſigkeit des Gemüthes !“
„Darin ſtimme ih mit Fhnen zuſammen!“ ſagte Meiſchi>, die Gläſer füllend. „Ruhe des Gemüthes, nicht phlegmatiſche Gleichgiltigkeit, ſondern die erhabene Ruhe des Weiſen, welche aus Crkenntniß der Welt und ſittlicher Kraft reſultirt, iſt die alleinige Bürgſchaft allen Glückes. Nuhige Ueberlegung klärt den Geiſt vom trüben Schlamm der Leidenſchaft.“
„Nux,“ fiel der Juſtizrath ein, „bin ih. dex Anſicht, daß ein getrüffelter Kapaun und ein Glas Lafitte dieſe Klärung ſehr vortheilhaft unterſtüßen.“
„Îſt das auh Jhre Anſicht, Herr Graf?“ fragte Jrma. „Doch was frage ih Sie danach, dem wohl ſtets bisher alle Wünſche erfüllt worden ſind!“ Fhre Stimme verlor etivas von ihrer heiteren Klangfarbe. „J< muß geſtehen, daß das Ziel, welches mein Gatte ſoeben ſ<ilderte, mix zu hoh liegt, mich deshalb auch nicht fonderlich reizt.
Bibliothek. Jahrg. 1886. Bd. 1. 4