Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
E - Dex Talizman des Weibes.
ſet. „Jh glaube, der Herr Graf ſpricht mit dankens= werthem Eifer ſür das Vorrecht unſerer erfahrung8armen Jugend!“ ſagte ſie, ohne den Bli> zu erheben.
„Später,“ fuhr Botho Freiberg gemeſſener fort, „werden ethiſ< abgetlärte Gefühle an Stelle der unmittelbaren Empfindungen treten, und das Gleichniß von den beiden treuen Kameraden findet daun in glü>lihen Ehen feine ſchöne Anwendung. Aber was dahinter liegt, war doth viel taufendmal ſ{öner, i< kann mir niht helfen, Herr Amtsrichter !“
Meiſchi lächelte abermals überlegen. „Sie wollten mich bekämpfen und gaben mix ausſ<ließli<h Recht. Mit Träumen und Traumgebilden re<hnet der denkende Menſch nicht. So fängt ex denn da ſein Leben2glü> zu begründen an, dauerhaft, weil auf Ueberlegung und Geſinnungstreue baſirt, wo Sie zu ſ{hwärmen aufhören. Nun ſind beide Parteien einander gleih, nur daß Jhre Klienten eine ge= wiſſe Ernüchterung mit in die Ehe bringen, während den anderen Theil das edelſte, daher aufrichtigſte Verlangen beſeelt, ſeine guten Vorſäße dem geliebten Kameraden gegenüber zur That werden zu laſſen. Alſo ſtoßen Sie getroſt an, Herr Graf !“
„Wiſſen Sie, was Sie ſind, Herr College, troß Fhrer ſo oft und ſ{<harf betonten praktiſchen Erfahrung?“ rief Dreyſing. „Ein Jdealiſt! Und als ſolcher der Menſch= heit tauſendmal gefährlicher als wir harmloſen Epifuräer. Unſere Deviſe iſt: „Leben und leben laſſen!“ Jdealiſten aber möchten reformiren und ſtören darum anderen Leuten ihr ganz natürliches Vergnügen. Wir wiſſen, daß Leiden=