Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
64 - Der Talisman des Weibes.
„Zu wiederholten Malen! Aber ih gebe Dir den gut gemeinten Rath, es bei dieſem erſten Verſuch bewenden zu laſſen — Du haſt genug dadurch eingebüßt in meinen Augen!“ Sein Geſicht ward zuſehends bleicher, ſo tief empörte ihn dieſe Unterredung. „Wenn Dir die Üüber= flüſſigen Galanterien Dreyſing's und die hohlen Tiraden des Grafen jeßt ſchon den Kopf verwirren —*
Da flammte das Weib in ihr auf, das in der Wurzel aller weiblichen Empfindungen , in der Eitelkeit getränkte Weib. „J<h will dieſen Ton nicht hören! Ex beleidigt mi<h! Du ſprichſt ſo viel von meinem Zartgeſühl und vergißt ſelber ganz den Cavalier in Dir? Wenn i< Un= recht that, Deiner Liebloſigkeiten zu erwähnen, ſo muß Dix der gute Wille genügen, Dich verſöhnen zu wollen. Odex meinſt Du, daß ich damals aus Ueberzeugung ſchwieg? Nein, ih fürchtete Dich, nihts weiter! Heute bin ih ſelbſtſtändiger geworden !“
„So ſelbſtſtändig,“ er lächelte bitter, „daß Du Deinen Mann vor dieſem gräflichen Knaben herabſeßteſt !“
Das Hexz ſlug ihr heftig bei ſeinen Worten. Einem Zug der Reue und überwallenden Empfindung folgend, ſtitrzte Jrma mit leidenſchaftlicher Erregung an ſeine Bruſt. Shre Lippen brannten heiß auf ſeiner Wange, während Thränen über dieſelbe rieſelten, ihr Buſen athmete [nell wie im Fieber, die ganze Geſtalt zitterte. „Vergib, ver= gib! J< wax ſo unglülich, ſo zornig =!“
„Troßig warſt Du, nicht unglücklich!“ ſagte er herbe.
„Nein, nein!“ ſc<luchzte ſie. Und dabei fiel ihr der Kuß ein, welchen Freiberg an eben dieſer Stelle auf ihre