Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Roman von Georg Härtwig. 67
als leidenſchaftslos fannte. Meiſchi> wax, wie Dreyſing richtig bemerkt hatte, Jdealiſt hauptſächlich in der Theorie und mit ſeinen ſelbſt gemodelten Grundſäßen verwachſen. So ſlug denn au<, als er Jrma jeht in den Armen Hielt, niht die Flamme Alles vergeſſender Leidenſchaft über Beider Häuptern zuſammen, wie dies bei einem jüngeren, weniger falten Manne zweifellos der Fall geweſen ſein und womit neuer Friede, neue Eintracht eingekehrt ſein würde, ſondern Meiſchi> empfand eher ein Fröſteln der Antipathie. Was Jrma’s ungeſtümes Temperament her= vorſprudelte, darin glaubte er eine unweibliche Heraus=forderung zu hören, die ihm nie ſ<le<ter angebracht ſchien als jeht, wo dieſelbe ſein tiefverleßtes Ehrgefühl einſchläfern ſollte. Jn dieſer irrigen Anſchauungsweiſe, welche nux darin Jrma’s Hoffnung traf: unter den Liebkoſungen des Gatten die begangenen Fehler reuevoll einzugeſtehen, that Meiſchié, was jede Frau auf das Aeußerſte gekränkt haben würde, er entließ Jrma ſ<nell aus ſeinen Armen, drückte ſichtig einen Kuß auf ihre Stirn und entfernte ſich. Mit Schauern der Betoußtloſigkeit kämpfend ſah ſie ihm na<. Zuleßt preßte fie voll heißer Scham ihre Hände gegen das glühende Antliß. Es ward ihr plöglich ſo öde, ſo wunderſam weit im Herzen, als ſeien Bande darum abgefallen. Aber ſchneller noh jagte das erdrücende Be= wußtſein ihrer Niederlage, ihrer Machtloſigkeit, jeden Blutstropfen wieder dahin zurü>, daß es aufſchlug, als müſſe die Bruſt zerſpringen. Jrma dachte nux ihrer er= [ittenen Demüthigung, jede Thräne ward von dem gez fränften Stolze aufgeſogen und beraubte die brennenden