Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Roman von Georg Hartwig. 69
dur< Jrma’s wiedergewonnene Weiblichkeit. D, warum ivar ſie niht Mutter zu ſeinem Glück und zu ihrem Heil! Das unſchuldige Lächeln des Kindes, ſein hilfloſer Lieb= reiz hätten alle guten Triebe in threr Bruſt belebt, die ſchädlichen" erſti>ct, davon war Meiſchik feſt überzeugt.
Ohne Zögern feßte Meiſchi>é ſi<h an ſeinen Schreib= tiſ< nieder, ergriff die Feder und ſchrieb: „Liebe Tante Käthe! Wir bitten Dich, uns Deinen Schüßling ſo bald als mögli<h zuzuſenden.“
6.
Am nächſten Morgen erwachte Jrma zwax mit dem vollen Bewußtſein des Vorgefallenen, aber eine gewiſſe Starrheit der Empfindung ließ ſie leichter darüber hinweg= ſehen. Die Wunde hatte aufgehört zu bluten, obwohl der Stachel fich niht entfernen ließ. Auch die Huldigung des Grafen beſ<werte ihr Gewiſſen nicht länger; ſie lachle über ¡hre findiſche Pedanterie und war ſi<h vollauf ihrer Be= rechtigung bewußt, derlei Galanterien als einen ſ{<huldigen Tribut hinzunehmen. Wenn ihr Gatte, ſo dachte die un=beſonnene Frau, als ſie vor der Staffelei ſtand, um jene Fehler zu verbeſſern, auf welche Freiberg ſie aufmerkſam gemacht, fein Verſtändniß für ihre geiſtigen Vorzüge, fein Auge für ihre körperlichen Reize beſaß, weshalb ſollten Andere niht empfänglicher dafür ſein dürfen !
Der Amisrichter war überraſcht, ſeine Gattin in ruhiger Gemüthêverfafſung vorzufinden, während ex eincn neuen Sturm erwartet hatte. Fhre aus verlehtem Stolz ent= ſpringende gemeſſene Haltung nahm ex für eine Regung