Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
S6 Der Condéer,
als junges Weib geſtorben, und ihr Verluſt hatte einen Hang zur Einſamkeit in ihm bewirkt, dem er in der Ah-= geſchiedenheit ſeines Gutes Genüge that. Zwei Töchter führten ihm das Hauêëweſen, und die ältere, Renate, ein ſtilles, etwas in den Schultern verwachſenes Mädchen von nahezu dreißig Jahren, erſehte die waltende Frau. Toni, die um zehn Jahre jüngere, ein hübſcher Blondkopf mit lihiblauen Augen, groß und ſ{lank, von lebhaftem und no< kindli<hem Weſen, ſtand ihr in Küche und Keller treulih zur Seite. Einfach, häuslich und ſehr wirthſchaft= lih erzogen, ohne anſpru<svolle Bedürfniſſe und ohne Kenntniß eines großſtädtiſchen Genußlebens, hätte fie aber dur ihre natürliche Anmuth und Munterkeit des Geiſtes au< im Leben der feineren Geſellſchaftswelt wohl ihren Plaßÿ einnehmen können. Dann gehörte wie zur Familie noch ein junger, beſcheidener, ſ<üchterner Mann von einigen ¿wanzig Fahren, Arnold, der Neffe des Herrn Aris, den er als Waiſe vor einigen Jahren in ſein Haus aufge= nommen hatte. —
Es war im Mai, und die dringlichen Feldarbeiten wux= den troß der herrſchenden Unſicherheit niht unterlaſſen. Aris rief eben, weil die Sonne fich ſchon ſtark zum Unter= gange neigte, ſeine Knechte zuſammen, um na< Hauſe zu gehen, als das Erſcheinen mehrerer fremder Menſchen ſeine Aufmerkſamkeit erregte. Jhrer Zwei in ländlicher Klei= dung führten in ihrer Mitte langſam einen Mann mit ſich, um deſſen Schultern loſe eine Reiſekapotte hing. Sein übriger Anzug beſtand nur aus hirſ<hledernen Knie= hoſen, blauen Stxümpfen und di>ſohligen Schuhen: aber