Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Novelle von Schmidt-Weißenfels. 91
Dabei hatte er eine große, rothlederne Brieftaſche aus der Bruſttaſche ſeines Kapotmantels, der ihm wegen ſeiner eiternden Armwunde zum alleinigen Oberkleid diente, Hex= vorgezogen und im Jnnern derſelben eine Fülle Banknoten ſehen laſſen, die wohl ein Vermögen ausmahen mochten.
Dieſer Umſtand beſtärkte natürli< die Ueberzeugung der Familie Aris, daß ihr Gaſt ein ſehr reiher Mann ſei, und er gewann damit für ſie an Anſehen und Fntereſſe, zumal ſein Benehmen dur< Zurüchaltung und Schlichtheit wohl gefiel. Er war bald wie zu Hauſe auf Arisheim und fühlte fih ſichtlih heimiſ<h in dem trauten Familienkreiſe, den er dur< eine Menge Anekdoten und ſeltſame Geſchichten zu unterhalten wußte.
Selten fam ein Beſu<h na<h Arisheim. Ein ſolcher war eines Nachmittags der des alten Juſtitiars von Singen, mit dem Aris befreundet geworden. Als ihm die Geſchichte des Fremden, die ja doch die Familie lebhaſt beſchäftigte, erzählt wurde, erregte fie ſhon von Amtswegen ſein höchſtes Intereſſe, denn ex verwaltete einen Theil der Polizei des Gerichtsbezirfs. Horaf, der mit am Tiſche während dieſer Erzählung ſeines Uebexrfalles ſaß, mußte auf ein förmlich inquiſitoriſches Befragen des Juſtitiars auf's Umſtändlichſte fein Abenteuer berichten und that dies mit einem Eifer, als ſolle es ſi< ſhon um die Abuxtheilung der Näuber handeln.
„Wahrſcheinlich,“ meinte der Gerichtsherr, „haben Sie da mit dem Condéexr zu thun gehabt.“
„Dem Condéer?“ fragten Horak und Loni wie aus einem Munde. :