Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
92 - 5 Der Condéer
„Wer iſt denn das, Herr Juſtitiar?“ ſeßte das junge Mädchen noh in beſonderer Neugier hinzu.
„Der Condéer?“ entgegnete derſelbe. „Ja, wer iſt denn das? Soviel wix wiſſen, ein Untexlieutenant der Huſaren in dex ehemaligen fleinen Armee des Prinzen von Condé, die ex gegen die franzbſiſchen Republikaner aus Emigranten und geworbenen Leuten bildete. Dieſer beſagte Unterlieu= tenant, ein Oeſterreicher von Geburt, der Schnißer-mit Na= men heißt, gerieth in Streit mit einem Offizier, <oß ihn dabei über den Haufen und deſertirte dann. Seitdem hat er ſi<h zu einem der gefährlichſten Bandenführer int Schwarzwald und Oberſchwaben gemacht. Bis vor Kurzem trieb er ſein Weſen in der Biberacher Gegend. Vergeb=
lich, daß der Graf v. Schenk, dex da die Gericht8herrlichfeit hat, ſeine Spürer und alle ſeine Liſt aufbot, dieſen Kexſ einmal abzufangen. Ex ließ uns vielmehr berichten, daß derſelbe ſi<h mit ſeiner Bande hieher in's Vorder= öſterreichiſche gezogen habe, und es ſind uns au< ſ{<on Raubthaten gemeldet worden, dte ſicherlih von ihm geplant und ausgeführt wurden. Denn der Condéer arbeitet in einem gewiſſen hohen Styl und ſtets nur, wo ex große Beute machen kann. Mit kleinen Spißbübereien gibt ex fich niht ab. Und ſo gut bedient iſ er von ſeinen Spionen und Helfershelfern, daß er bishex allen Verfol= gungen glüdſih entwiſchte und leider in jebßiger ſ{limmer Kriegszeit noch viel ſ{werer zu faſſen iſt.“
„Dem ſind Sie gewiß von ſolchen Spionen vorher an= gezeigt worden, daß er Sie an für ihn ſicherer Stelle über= fallen konnte,“ fpra<h Loni beinahe wie im Vorwurf zu