Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
Roman von Georg Hartwig, 1b
waren es die Gemüther der ſtudirenden Jugend, welche ſi darüber erhißten. Wie konnte Garda Menari es wagen, an dieſem Abend aufzutreten, das Geſchehene auf dieſe leichtfertige Weiſe zu ignoriren, das Urtheil des Publi= fums gewiſſermaßen troßgig herauszufordern? TLTroßig? Vielleicht regte fi<h wirkli<h etwas wie Troß in Garda Menari’s Seele, na<hdem Freiberg ſie verlaſſen, und gab thx die Kraſt, ſich von dieſem unverſchuldeten Schlag wieder aufzurichten. Troß und Stolz grenzen in jedem Vienſchen oft ſo nahe an einander, daß es ſchwer iſt zu unterſcheiden, wo der eine aufhört und der andere beginnt. Weil Frei= berg’s Tod nicht durch ſie, ſondern durch ſeine wiedererwachte Liebe zu Gaëtannina herbeigeführt war, glaubte Jrmengard ſeinem Schi>ſal auch keinerlei Sympathie mehr zu ſchulden, um ſo weniger, als er mit dieſer That manifeſtixt hatte, wie gänzlich exſtorben ſein Jntereſſe für ſie geweſen. „Alo ſort mit allen Sentimentalitäten |“ Hatte Dreyſing gez jagt — er ſollte Recht behalten.
Es blieb der Künſtlerin niht mehr viel Zeit übrig, ſich auf die Triumphe vorzubereiten, welche ſie ja für das Heute ausgeſtandene ſ{<were Leid entſchädigen mußten. Ungeduldig den Augenbli> herbeiſehnend, wo thr Talent im hellſten Glanze leuchten werde, legte ſie einen ſtillen Eid darauf ab, von nun an alles Heil aus den Händen der öffentlichen Gunſt empfangen zu wollen.
Hätte Jrmengard Menſchenkenntniß beſeſſen, ſo würde ſie bei ihrem Erſcheinen im Theater mancherlei auffallende Anzeichen bemerkt haben, welche der aufmerkſamen Suſanne feineswegs entgingen. Die Choriſtinnen und Figu=
Bibliothek. Jahrg. 1886. Bd, IY. 9