Bitef

parje postao božanstvo, bog šutnje. Kaspar stoji kao spomenik koji svi kite. očekujući da će im dati neki znak. Ali taj znak ne dolazi. 1 svijet i dalje ostaje okovan šutnjom. U njemu su svi Kaspari. ali bez božanske začudnosti i nadahnuča. Pračovječno surovo šutljiva porodica - otac s debelom močugom kao simbolom vlasti. majka. kćerka uspaljenica koju zbog toga vode vezanu poput kuje na lancu, sin koji bi htio slikati i svirati a u njegovu praznom pogledu ne iskri ni trunka duha. djevojčica s lutkom. kučna maža - pračeni s dvoje slugu, malim kineskim kulijem koji kao da je uzet iz nekog Brechtova „poučnog komada“, stalno čak i u mjestu trčkarajući i starim lakejem nalik na Firsa iz Višnjika. okružuju Kasparov spomenik. prave piknik oko njega. Slijedi ih mladic koji bi htio opasati kčerku. Uokolo nekim krutim, puževim korakom kruži neki ludi ujak s mrežom za leptire. A4prišunjao im se i stari, iznakaženi prosjak. Postoje razne vrste šutnje. Postoji šutnja mentalne praznine. Postoji i šutnja medusobnog razumijevanja. Ali šutnja koju je Ciulli kondenzirao u ovom prizoru je šutnja prepuna agresije. Ona se ispoljava podrigivanjem. režanjem, pokojim kolektivnim neandertalskim krikom. I kada na kraju otac močugom zatuče mladiča i, vukuči ga za kosu, bad njegovu lešinu u podnožje Kasparova spomenika. u prosjaju shvačamo da ti ljudi, premda odjeveni u bidermajerske kostime, nisu ljudi od jučer več ljudi od sutra. Ispisan je civilizacijski kod sudbine koja dolazi. Na praznoj sceni, u šumnoj tišini disanja. završni Kasparov monolog odiše prazninom krajnjeg umora svijeta. Velika predstava koja budučnost otčitava iz svekolika na še prošlosti. □ Danas. 15. novembar 1989. Dalibor Foretič

Der ewige Eros Die Schicksalsfrage der Menschenart scheint mir zu sein, ob und in welchem Maße es ihrer Kulturentwicklung gelingen wird, der Störung des Zusammenlebens durch den menschlichen Aggressions- und Selbstvernichtungstrieb Herr zu werden. In diesem Bezug verdient vielleicht gerade die gegenwärtige Zeit ein besonderes Interesse. Die Menschen haben es jetzt in der Beherrschung der Naturkräfte so weit gebracht, daß sie es mit deren Hilfe leicht ha-

ben. einander bis auf den letzten Mann auszurotten. Sie wissen das, daher ein gut Stück ihrer gegenwärtigen Unruhe, ihres Unglücks, ihrer Angststimmung. Und nun ist zu erwarten, daß die andere der beiden himmlischen Mächte, der ewige Eros, eine Anstrengung machen wird, um sich im Kampf mit seinem ebenso unsterblichen Gegner zu behaupten. Aber wer kann den Erfolg und Ausgang voraussehen? □ Sigmund Freud

Ein Abend der Gaukler Roberto Ciullis Mülheimer BakchenInszenierung Mülheim/Ruhr. Es fängt an. als verfilme Zeffirelli die Matthäus-Passion. Unter dem Kreuz winden drei Marien pathetisch die Hände, davor ist das Team plaziert: Ton. Licht und Regie. Selbst ein nötig werdender Kassettenwechsel nimmt dem Mann am Kreuz nichts von der Final-Konzentration. Während der flutende Bach-Choral abgeblendet wird, erhebt dieser fast tote Christus vom Kreuz herab seine Stimme in Supemierenmikrophon. Er verkündet keineswegs, daß kein Gott sei. sondern klagt in die ihn umgebende Gräberlandschaft, daß das Volk die Ohren verstopft habe und nicht mehr zuhöre. Ist das Hölderlins Hyperion, der sich gegen die politische Indolenz seiner Landsleute empört? Dem Ratsuchenden gibt das üppige Programmheft keinen weiteren Hinweis als den, daß auch Texte von Nietzsche, Pavese und Baudelaire Verwendung finden. Im Original bei Euripides jedenfalls gibt es diese Sätze an keiner Stelle. Aber originell ist Roberto Ciullis Eingangssequenz für die Bakchen des oder nach Euripides schon. Vor anderthalb Jahrzehnten hatte Klaus Michael Grüber in der Berliner Schaubühne den alten Mythos durch eine wildwüchsige Bildersprache Eduardo Arroyos vor stadttheatralischer Verkleinerung bewahrt. 1979 hatte sich Holk Freytag im Moerser Schloßtheater die Bühne von Jörg Domenik so einrichten lassen, daß jeder einzelne Zuschauer aus einem eigenen Sehkasten auf die Bühne schaute. Da war aus der bei Grüber durch die alle Ritzen einer Behausung gewalttätig in Augenschein drängenden Bestrafung des Königs

Pentheus, der sich dem irrationalen Kult um den Gott Dionysos zu widersetzen versuchte, eine Peepshow über das Treiben der wildgewordenen Bakchen geworden. Roberto Ciulli weigert sich, den alten Text in der Gottzentrierung seines Menschenbilds ernst zu nehmen. Wenn Gott in unserer Konsumgesellschaft zum Bestandteil der filmischen Unterhaltungsindustrie geworden ist, dann müssen die antiken Götter im Mythos - etwa der Dionysos in den Bakchen - Schauspieler gewesen sein. Kaum hat das Filmteam seine Bühne verlassen - er selbst als Regisseur kommt in orientalisierten Biedermeierkostümen (Klaus Erzberger) eine Gauklertruppe auf die Szene, wo, der Darsteller des Pentheus als Relikt aus der Filmsequenz liegengeblieben war. Wie sie als Silhouetten durch eins der Tore Thebens in die Grablandschaft der Filraszene einziehen, ist einer von vielen optischen Höhepunkten in einer Aufführung, die vom Bühnenbild des Fotorealisten Howard Kanowitz positiv mitbestimmt wird. Dem wie ein moderner Intellektueller aus der Verwaltungsetage wirkenden König Pentheus (Volker Roos) erzählen sie seine eigene Geschichte, wie er sich dem Dionysos-Kult widersetzt: teils als Kasperle, teils als Zaubertheater mit einer schwebenden Jungfrau. Wenn es heute eine Bühne in der Bundesrepublik gibt, an der aus Bildern Funken geschlagen und mit denen eine Geschichte entwickelt wird, dann in Mülheims Theater an der Ruhr. Hannes Hellmann wuchtet den Dionysos als einen Entfesselungskünstler mit unwillentlicher Grazie hin, während er dem Pentheus im prägriechisch-römischen Ringkampf in vier Wertungen glatt unterliegt. Aber er ist trinkfest, und sein nackter Oberkörper weckt im König homophile Neigungen. So ist der schnell verführt, dem von ihm selbst verbotenen Treiben der Bakchen Voyeur zu werden. Nach penibler Zuordnung der weiblichen Kleidungsstücke zieht ihn der DionysosDarsteller auf dem Karren der Gaukler aus der Stadt. Mozarts Maurerische Trauermusik gibt dazu - wie einst im Prolog zur Chéreau-Inszenierung des Marivauxschen „Disputs“ - einen ebenso eindringlich wie langen Kommentar. Das ist, mit dem bis auf das Handlungsgerippe eingestrichenen und um seine Struktur von chorischer Rede und Widerrede beraubten Text, von einem hinreißenden Einfallsreichtum und großer Genauigkeit im szenischen wie verbalen Erzählen. Die Truppe um Ciulli beweist, daß sie nicht nur eigenen Stil hat, sondern I

auch hohes Niveau. Aber wie schon vor knapp einem Jahr mit Peter Handkes Kaspar hält Ciulli nach der Pause den Spannungsbogen nicht aufrecht. Daß er die Bakchen überhaupt nicht in Erscheinung treten läßt, auf jede szenische Orgiastik verzichtet, ist mutig und vertretbar. Er läßt den Ausgang der Geschichte einfach vom Ende her in Bruchstükken erzählen, wobei indes die Rolle der Pentheus-Mutter und -Mörderin ungebührlich verkleinert wird. Immer wieder muß sie, nach einem kannibalischen Leichenschmaus des Gauklerensembles, ihren Mord am eigenen Sohn erzählen, und immer wieder wird sie vom eigenen Vater mit dem Riemen dafür geschlagen (Veronika Bayer, Reinhart Virchow, der die glänzende Musik verantwortet - teilweise selbst spielend). Daß die Geschichte als Kollision eines Gauklerspiels mit der Wirklichkeit um Pentheus erzählt wird, veräußert sich am Schluß zum Mini-Effekt. Jetzt schaut der Dionysos-Darsteller dem Bühnenspiel so zu wie König Pentheus im ersten Teil. Schließlich schläft er angesichts der rituellen Wiederholungen ein - da ist Ciulli und seinem Dramaturgen Helmut Schäfer der gedankliche Faden gerissen. Nach großer Sogkraft und Sinnfälligkeit im ersten Teil geraten die schönen Bilder zum Seblstzweck, Als war’s ein Stück von Zeffirelli nach der Matthäus-Passion. □ Frankfurter Rundschau. 4. Okt. 'BB. Ulrich Schreiber