Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

580 Siebente Ordnung: Nager; zehnte Familie: Hufpfötler.

ſobald es deſſen Schritte hört, mit lautem, aufgeregtem Quieken; wenn er ihm Futter gibt, regelmäßig mit dankbarem, lautem Trommeln; meine kleine Tochter niht mit Quieken und nur mit leiſem Murmeln; meine Frau und mi< niemals mit Trommeln. Wenn meine Frau ſpät abends das Zimmer paſſiert, worin das Tier hauſt, wird ſie von ihm regelmäßig mit kläglichen Quieken um einen Biſſen angebettelt, bei mir ſ<hweigt das Tier, weil es weiß, ih gebe ihm ſo ſpät nihts mehr. Das Tier vermag alſo vier Perſonen genau zu unterſcheiden. Auch macht es Kunſtſtückchen, ſtellt ſi<h auf Befehl tot und ſpringt auf Befehl wieder in die Höhe.“ Gegen falte und naſſe Witterung ſehr empfindlich, erkranken die Meerſhweinchen, wenn man ſie rauhem Wetter ausſeßzt, und gehen dann leiht zu Grunde.

Eigentlihen Schaden können die Meerſchweinchen nie bringen; es müßte denn ſein, daß man ſie im Zimmer hielte, wo ſie vielleiht man<hmal dur<h Benagen unangenehm werden können. Doch kommt dies nicht in Betracht gegenüber ihren guten Eigenſchaften, dur welche ſie viele Freude und ſomit auh Nuten gewähren. Einen beſonderen Vorſchub haben ſie, freili<h gegen ihren Willen, der Wiſſenſchaft geleiſtet. Biſchoff hat ſie zu Unterſuhungen über die tieriſche Entwi>kelung verwendet und ihnen dadurch einen ehrenvollen Plag in unſerem wiſſenſchaftlihen Schriſttume geſichert.

E

Ein höchſt ſonderbares Wüſtentier, die Mara (Dolichotis patagonica, Cavia patagonica), iſt der Vertreter einer zweiten Gattung der Hufpfötler. Fn mancher Hinſicht an die Haſen erinnernd, unterſcheidet ſie ſih von dieſen hinlänglich dur die hohen Beine und die kürzeren und ſtumpferen Dhren. Der Leib iſt ſ{wa<h, geſtre> und vorn etwas dünner als hinten, die Beine ſind ziemli<h lang, die hinteren länger als die vorderen, die Hinterfüße drei-, die vorderen vierzehig, die Zehen hier kurz, dort ziemlich lang, an beiden Füßen aber frei und mit langen, ſtarken Krallen bewehrt. Der etwas ſhmäctige Hals trägt einen zuſammengedrü>ten, an der Schnauze zugeſpißten Kopf mit langen, ziemlih ſ{<malen, abgerundeten, aufre<ht ſtehenden Ohren und mittelgroßen, lebhaften Augen. Der Schwanz iſt kurz und nach aufwärts gekrümmt. Die verhältnismäßig kleinen Backenzähne zeigen eine ſtarke mittlere Schmelzfalte. Das Fell iſt weich, dicht und glänzend; die Haare ſind kurz und liegen glatt am Leibe an. Die Färbung iſt auf der Oberſeite ein eigentümliches Braungrau mit weißer, feiner Sprenkelung. An den Seiten und auf den äußeren Teilen der Füße geht dieſe Färbung in eine hell zimtfarbene über. Ein ſ{hwarzer Fle>en, welcher ſih über der Schwanzgegend befindet, wird dur ein weißes, oberhalb des Schwanzes ſi hinziehendes Band ſcharf abgegrenzt. Die ganze Unterſeite iſt weiß, geht aber auf der Bruſt in ein helles Zimtbraun über, welches auch bis zur Kehle ſi erſtre>t, während die Gurgel wieder weiß ausſieht. Glänzend ſhwarze Schnurren ſtechen lebhaft von den übrigen Haaren ab. Bei erwachſenen Tieren beträgt die Länge des Leibes 50 ecm, wovon der Stummelſ{<hwanz nur 4—5 cm wegnimmt; die Höhe am Widerriſte aber kann bis 45 em erreichen und läßt das Tier auf den erſten Anbli> eher einem kleinen Wiederkäuer als einem Nager ähnlich erſcheinen.

Es darf niht wundernehmen, daß frühere Seefahrer, wie Narborough, Wood, Byron und andere, welche die Mara an der unwirtlihen Küſte Patagoniens antrafen, ſie höchſt ungenau beſchrieben, ſo daß man unmöglih wiſſen konnte, von welhem Tiere ſie ſprachen. Azara war der erſte, welcher ihr die rete Stelle unter den Nagern anwies. „Sie nennen das Tier Haſe“, ſagt er, „obgleih es von dieſem ſich hinlänglich unterſcheidet. Es iſt größer und derber, läuft nicht ſo viel und ermüdet eher als jener, ſo daß es ein gut berittener Jäger bald einholen und entweder mit der Lanze oder durch einen Schlag mit den Wurfkugeln erlegen kann. Faſt immer findet man mehrere beiſammen oder