Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Tukotuko. Gundi. 599

Ein Vertreter einer merkwürdigen afrikaniſhen Gattung iſt der Gundi der Araber (Ctenodactylus massoni). Das im ganzen 17,5 em lange Tier iſt bräunlich roſtfahl mit einem ſ{<warzbraunen Längsſtreifen und ſhwarzer Sprenkelung auf dem Rücken und hat einen unterſeßten, \{<werfälligen Leib, dien, ſtumpfſchnauzigen Kopf mit kurzen rundlichen Ohren, mäßigen Augen und ungemein langen, ſteifen, borſtigen Schnurren, ſtarke Gliedmaßen, deren hinteres Paar länger als das vordere iſt, und vierzehige, na>tſohlige Füße mit kurzen, hinten unter abſonderlichen Borſten teilweiſe verſte>ten Krallen. Unmittelbar über den furzen, gekrümmten hinteren Zehen nämlich liegt eine zweite Reihe von hornigen, kammartigen Spißen, über ihnen eine zweite Reihe von ſteifen und über dieſen eine dritte Reihe von langen und biegſamen Borſten. Der Schwanz iſt ein nur 1,5 em langer Stummel, aber ebenfalls mit langen Borſten befleidet. Die Nagezähne ſind ſ{hwac<h und ſtark gekrümmt, die drei Ba>enzähne jeder Reihe oben länglich und ſhmal, außen gebuchtet, die unteren nah hinten an Länge zunehmend und die Form einer Acht (8) darſtellend.

„Zn den von den Beni Ferah bewohnten, wildromantiſchen Thälern des Dſchebel Aures“, ſchildert Buvry, „und zum Teil auch in den die öſtliche und weſtlihe Sahara begrenzenden ſüdlichen Höhenzügen Algeriens zeigt ſih in den Wintermonaten zur Mittagszeit auf vorſpringenden Felsblö>en, doh immer hoh genug, um nicht überraſcht zu werden, ein fleiner Nager, welcher, mit dem Kopfe dem Thale zugewendet, diht an den Fels gedrü>t, gleichſam ein Teil davon zu ſein ſcheint. Es iſt der Gundi der Araber, ein auf dem bezeichneten Gebirge ſehr verbreitetes Zier, welches in Felslöhern und überlagernden Steinen lebt und ſi< dur< große Behendigkeit und feines Geſicht und Gehör auszeihnet. Bei dem geringſten verdächtigen Geräuſche zieht fich der Gundi in hüpfendem Laufe in ſeinen nahen Séhlupſwinkel zurü>, welcher gewöhnlich allen Anſtrengungen des Jägers Troß bietet. Die geeignetſte Zeit, dieſes merkwürdige Nagetier zu beobachten, iſt der Morgen. Sobald die Sonne ihre erſten erwärmenden Strahlen auf die hohen Felſenwände ſendet, erwacht der Gundi, und von allen Seiten her beginnt eine Wanderung dieſer Tiere ins Thal hinab, den Feldern zu. Behende rutſhend und laufend, erreihen ſie binnen furzem das Getreide, für ſie ein willkommenes Futter, nagen, auf den Hinterbeinen ſißend, die Halme durch und verzehren, mit den Vorderſüßen nachhelfend, den oberen Teil der Schößlinge. Doch halten fie ſih niht immer ſtreng an grünes Futter, gehen vielmehr nah e<ter Nagerart auh Körner an. Mit dem Erwachen des Menſchenverkehrs auf Straße und Feld kehren ſie, nachdem ſie getrunken, zu ihren Höhlen zurü>. Wie oft im Jahre ſie Junge werfen, konnte ih niht in Erfahrung bringen; doch verſchaffte mir die Unterſuchung einiger Weibhen Gewißheit, daß ſie im Monat Februar und anf cheinend regelmäßig drei Funge erzeugen. Während der Brunſt ſoll es zwiſchen den Männchen zu Kämpfen auf Leben und Tod kommen.

„Ungeachtet des verſte>ten Lagers des Gundis gelingt es ziemlich leicht, ihn zu erbeuten und zwar mit Hilſe von Haarſchlingen, welche an Ausgangslöcher befeſtigt werden, und in denen das Tier ſi mit den Hinterfüßen verwi>elt. Die erwahſenen Araber geben ſich niht die Mühe, den Gundis nachzuſtellen; ihren Kindern aber macht der Fang Vergnügen, und das zarte, dem Hühnerfleiſhe wenig nachſtehende Wildbret bietet einen willflommenen Braten. Auch verwendet man den weichen, ſamtartigen Pelz zu Säckchen, welche als Geldbörſen Dienſte leiſten. Mir gelang es, nah und nach 17 Stück lebend zu fangen; aber fein einziges von ihnen lebte, ungeachtet der größten Sorgfalt für ihren Unterhalt, länger als 14 Tage. Die plößliche Entziehung der Freiheit ſchien ihren Tod herbeizuführen. Bemerfenswert war es, daß ſie alle auf eine mir unerklärliche Weiſe ſtarben, indem ſie zum Troge gingen, fraßen und ohne Zu>ungen oder ein anderes äußeres Zeichen in derſelben

Stellung verendeten.“ *