Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, S. 284

250 Elfte Ordnung: Paarzeher; dritte Familie: Horntiere.

den ſpißigen Hörnern durchbohrt wird. Erſteres erfuhr Tramnigtz an ſich ſelbſt, als er einmal allein auf die Jagd der Schafochſen ausging, aber niht nur ohne Beute, ſondern auch mit verdorbenem Gewehre und zerriſſener Kleidung zurückkehrte, weil ihn ein Stier umgeworfen und getreten hatte. Auch verſichern die Jndianer, daß die Tiere ihre Waffen ret gut zu gebrauchen wiſſen und ſelbſt Bären und Wölfe töten.

Ebenſo betrachten die Esfimos, welche die Schafochſen eifrig jagen, ſie niht als durchaus ungefährliche Tiere, um ſo wéniger, als ſie kein Feuergewehr beſißen und ihr Wild nah alter guter Art mit Pfeilen erlegen müſſen. Wie Noß mitteilt, beginnen ſie bereits im Herbſte ihre Jagdzüge, nähern ſih mit ebenſoviel Geſhi> wie Mut den Herden, reizen die Stiere, bis dieſe auf ſie zuſtürzen, wenden ſih dann ſchnell zur Seite und ſtechen ihnen entweder ihre Lanze in den Wanſt oder ſenden ihre Pfeile auf ſie ab. Einmal traf Sir John Noß ſelbſt auf einen Schafochſen und ließ ihn dur ſeine Hunde ſtellen. Das Tier zitterte vor Wut und ſtieß beſtändig nah den Hunden, welche ihm aber ſtets geſ<hi> auswichen. Ein Esfkimo, welcher die Jagd mitmachte, ſchoß aus großer Nähe erfolglos einen Pfeil nah dem anderen auf den Ochſen ab; nun feuerte Noß aus einer Entfernung von wenigen Schritten und dur<ſ{<oß dem armen Schelme das Herz, ſo daß er lautlos zu Boden ſtürzte. Ältere, beſonders vereinzelte Stiere ſeßen, nah Payer und Copeland, dem Feuer ſelbſt nah leihter Verwundung die größte Kaltblütigkeit entgegen und „begnügen ſi, ihren Körper durch das Senken des unverwundbaren Kopfes und dur< Vermeidung einer ihre Seiten gefährdenden Stellung zu de>en. Es geſchah, daß eines dieſer Tiere einen Schuß auf die dur die rieſigen Hörner gepanzerte Stirn aus einem Wänzl-Gewehre, mit welchem Eisbären der Länge nah dur<ſchoſſen wurden, ertrug, ohne das geringſte Zeichen einer empfundenen Störung zu bekunden; denn die Kugel fiel zu einer Scheibe platt gedrüct auf den Boden herab.“

Dem Fleiſche haſtet ſtets ein merkliher Moſchusgeruch an; dieſer iſt jedoh bei Kühen feineswegs ſo ſtark, daß er jenes ungenießbar machen kann, wie das bei Stieren, welche während der Paarungszeit getötet wurden, der Fall ſein ſoll. Unſere Nordfahrer fanden den Geſhma> der Moſchuskühe vortrefflih, und andere Curopäer urteilen genau ebenſo. Fn der Gegend des Fort Wales treiben die Jndianer einen einträglihen Tauſchhandel mit dem Fleiſche des von ihnen erlegten Wildes. Sie hängen es, nachdem ſie es in größere Stücke zerſchnitten haben, in der Luft auf, laſſen es vollſtändig austro>nen und liefern es dann in die Niederlaſſungen der Pelzjäger ab, wo es gern gekauft wird. Wolle und Haar werden von Fndianern und Esfkimos hoch geſhäßt. Erſtere iſt ſo fein, daß man daraus ficherlich vortrefflihe Gewebe erzeugen könnte, wenn man ihrer genug hätte. Aus den Schwänzen bereiten ſih die Esfimos Fliegenwedel und aus der Haut gute Fußbekleidungen.

Die Rinder (Bovinae), welche die dritte Unterfamilie der Horntiere bilden, ſind große, ſtarke und ſ<hwerfällige Wiederkäuer, deren Merkmale hauptſächlih in den mehr oder weniger runden und glatten Hörnern, der breiten Schnauze mit den weit auseinander ſtehenden Naſenlöchern, dem langen, bis ans Hakgelenk reichenden, gequaſteten Shwanze, dem Mangel an Thränengruben und Klauendrüſen und dem vierzizigen Euter des Weibchens liegen. Die meiſten zeihnen ſi< au<h dur eine hängende Wamme am Halſe aus. Jhr Gerippe zeigt ſehr plumpe und kräftige Formen. Der Schädel iſt breit an der Stirn und an der Schnauze wenig verſhmälert; die runden Augenhöhlen ſtehen weit ſeitlih hervor, die Stirnzapfen, auf denen die Hörner ſien, wachſen ſeitlih aus dem hinteren Schädel heraus; die Halswirbel ſind ſehr kurz, haben aber lange Dornfortſäße; 13—15 Wirbel tragen