Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Elefanten: Verwendung des Nüſſels. Sinnesſchärfe. Stimme. Herdenleben. 1A

Knurren, das aus der Kehle, oder dur ein ſhwaches, langgezogenes Quieken, das aus dem Nüſſel kommt; Furcht äußert er dur<h ein mächtiges Poltern aus tiefſter Bruſt, Schre>en durch ein kurzes, ſ<rilles Trompeten aus dem Rüſſel; iſt er wütend, vielleicht verwundet und mit ſi ſelbſt beſchäftigt, ſo gibt ex einen ununterbrochenen, tiefen und rumpelnden Kehllaut von ſih, beim A dagegen trompetet er gellend: unter dem „Trompeten“ hat man ſi aber bloß ein ſhmetterndes Quieken vorzuſtellen. Ein ſonderbares Geräuſch bringt, nah Sanderſon, der indiſche Elefant hervor, wenn er durch irgend etwas, das ihm nicht klar iſt, beunruhigt oder erſchre>t wird und nun beſtrebt iſt, dieſes unſichtbare oder unverſtandene Etwas zu verjagen oder mindeſtens einzuſhüchtern. Er ſchlägt und klopft dann mit dem Ende des Rüſſels wiederholt ſtark auf den Boden und pufft dabei jedesmal tüchtig Luft dur die Naſe. So thut es z. B. der Jagdelefant, wenn er die Nähe des Tigers ſpürt, ihn jedo<h niht ausfinden kann; ſo wurde aber auh bei einer größeren Tigerſuche ein kleines Hündchen, das aus dem Geſträuche hervorkam, durch eine ganze Reihe von Elefanten begrüßt, offenbar in der Annahme, ſein Erſcheinen habe irgend etwas mit dem Tiger zu thun. Ein beſtürzter oder verblüffter Elefant ſte>t häufig auh bloß den Rüſſel ins Maul und hält ihn leiht mit den Lippen.

Jede Elefantenherde iſ eine große Familie und umgekehrt, jede Familie bildet ihre eigene Herde. Die Anzahl der Mitglieder kann ſehr verſchieden ſein; denn die Herde kann von 10, 15, 20 Stük anwachſen bis auf hunderte. Andersſon ſah am Ngamiſee eine Herde von 50, Barth am Tſadſee eine ſolche von 96, Wahlberg im Kafferland eine andere von 200 Stü. Einzelne Reiſende ſprechen von 400 und 500, ja ſogar 800 Elefanten, welche ſie zuſammen geſehen haben. So verſichert von Heuglin, einem Trupp begegnet zu ſein, deſſen Anzahl ſeiner Shäßung na<h mindeſtens auf 500 zu veranſchlagen wax, und ebenſo behauptet Sir Fohn Kirk, am Sambeſi einmal eine Herde von 800 Stück angetroffen zu haben. Fn ſol< erſtaunlicher Menge treten ſie aber gewiß nur ſehr ſelten auf, und man darf überhaupt annehmen, daß ſih unter ſolhen Umſtänden mehrere Herden zuſammengefunden haben, die nur zufällig während einer größeren Wanderung einander trafen und fturze Zeit desſelben Weges zogen. Fn FJndien zählen, nah Sanderſon, die Herden in der Regel 30—50 Köpfe, doh kommen auch doppelt ſo ſtarke durhaus nicht ſelten vox. Wenn dieſe ſih in dürftigen Gegenden aufhalten, trennen ſie ſih gern in kleinere Herden von 10 20 Stü>, die ſich mehrere engliſche Meilen weit auseinander ziehen. Doch bleiben alle in Fühlung miteinander, vorzugsweiſe dur< ihren Geruchsſinn geleitet, und bewegen ſich auch in der nämlichen Richtung. Dabei bilden die Mütter mit ihren Jungen den Vortrab, während die „Tuskers“/ wie die Engländer bezeichnend die Stoßzähne tragenden Männhen nennen, nah ihrem Belieben hinterher ziehen. Wird jedoch die Herde in die Flucht gejagt, ſo ändert ſich die Ordnung vollſtändig: die Männchen, die durch nichts zurückgehalten werden, brechen vor und eilen voraus, während die Mütter, für ihre Kälber ſorgend, nachfolgen, ſo gut es gehen mag. Unſer Gewährsmann hat niemals einen Tusker verſuchen ſehen, den Rüclzug der Herde zu de>en, und Forſyth, Shakeſpear und andere berichten nichts Gegenteiliges. Als Leittier der Herde dient ſtets ein Weibchen, niemals ein Männcen; in Afrika wird es, wenigſtens nah Selous" Erfahrungen zu ſchließen, nicht anders ſein als in Fndien, und dies iſt ja auch begreiflich, denn die Bewegungen der Herde müſſen ſih doh nach der Leiſtungsfähigkeit der jüngſten Mitglieder, der Kälber, richten, wenn anders ſie ſi< niht vollſtändig auflöſen ſoll. „Wenn eine Herde in Schre>en gerät“, ſchreibt Sanderſon, „ſo verſ<hwinden die Kälber ſofort unter dem Leibe ihrer Mütter und kommen dann ſelten wieder in Sicht. Der Uneingeweihte würde unter ſolchen Umſtänden glauben, daß die Herde nur aus vollwüchſigen Stücken beſtehe, obwohl bei ihr eine große Anzahl

Kälber vorhanden ſein mögen. Nur zweimal habe ih geſehen, daß ſo e Kälber Brehm, Tierleben, 3, Auflage. TI, 2