Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Elefanten: Verfolgung. Gefahren. Schuß in Zndien. 93

Sicherheit auf den verwundbarſten Körperteil, wenn möglich auf eine etwa handgroße Stelle zwiſchen Ohr und Auge, abgibt, genügt bei der ſehr ſtarken Ladung nicht ſelten eine einzige Kugel, um den rieſigſten Elefanten zu fällen. Da die Bewegungen der Tiere ohnehin nicht ſehr ſhnell ſind und, wenigſtens an heißen Tagen, binnen kurzer Zeit ſich bedeutend ver: langſamen, da überdies von mehreren Seiten zugleih angegriffene Trupps leicht in Verwirrung geraten, können gute Läufer namentlih im Buſchlande der Herde immer bald wieder nahekommen und noh weitere Stü>e daraus erlegen. Selous hat in Südafrika auf dieſe Weiſe, indem er dem fliehenden Trupp nachlief, Bogen abſchnitt, ſih de>te 2c./ mehrmals allein bis zu fünf Elefanten an einem Tage und aus einer Herde geſchoſſen. So erbeutete er auh z. B. im Jahre 1873 in einem Gebiete zwiſchen dem Gwai- und Sambeſifluſſe binnen vier Monaten eigenhändig 42 Stück, ſein Gefährte G. Wood, der überhaupt wohl die meiſten Elefanten in Afrika getötet hat, 50 Stück und ihre eingeborenen Jäger weitere 40 Stü, zuſammen 132 Elefanten und zwar bloß ausgewählte, welche die ſtärkſten Stoßzähne trugen.

Die Anſtrengungen auf derartig ausgeführten Jagden find freilih ſo bedeutend, daß nur die abgehärtetſten Männer ſie zu ertragen vermögen; aber die Gefahr iſt für den Jäger nit ſo groß, als ſie ſheinen mag. Allerdings kommt es vor, daß gereizte Elefanten ſich auf ihre Verderber ſtürzen, und einzelne von dieſen haben au wirkli< ihr Leben unter den Fußtritten der Waldrieſen ausgehaucht; drei Vierteile abex von denen, welche angegriffen wurden, konnten ſi<h noh retten, ſelbſt wenn ſie ſozuſagen ſhon zwiſchen den Füßen lagen. Naſh und entſchieden , jedes Hindernis verahtend, ſtürzt ſi< zuweilen das wütend gewordene Geſchöpf auf ſeinen Angreifer, verfolgt dieſen jedoch ſelten weit, ſondern begnügt ſich, ihn in die Flut geſchlagen zu haben und Herr des Feldes geblieben zu ſein. Ungeachtet ſoler Mäßigung vermeidet jedermann ſoviel wie möglich, es bis zu einem Angriffe ſeitens des Elefanten kommen zu laſſen; denn dieſer macht, wenn ex wirklich in Zorn gerät, auth abgeſehen von der Maſſe, unter welcher der Boden dröhnt, einen unauslöſchlihen Cindru> auf den Menſchen. Den Rüſſel eingerollt, die Ohren etwas gelüpft, den Schweif im Kreiſe ſchwingend, ſtürzt er ſi< wild brauſend auf ſeinen Feind; ſein Vorderteil ſcheint zu wachſen, jedenfalls viel mächtiger und höher zu ſein als je; an ſeinem Hintergeſtelle treten die langen Hautfalten ſ<hlotternd heraus; die gewaltige Maſſe ſchiebt ſih raſh und unaufhaltſam vor; Schnauben des Zornes wechſelt mit Wutſchreien, von denen ein Ohr, welches ſole Laute niemals vernommen, keine Vorſtellung gewinnen kann. Wenn unter ſolchen Uniſtänden der erboſte Rieſe ſeinen Gegner erreicht, iſt dieſer verloren, gerehter Rache meiſtens unretthar verfallen.

Die Ausrottung des indiſchen Elefanten hat no< gute Weile. „Die Anſicht“, ſchrieb Sanderſon im Jahre 1879, „daß die wilden Elefanten in jüngſter Zeit an Zahl abgenommen hätten, iſ in Judien gäng und gäbe. Sie ſcheint entſtanden zu ſein infolge der von den Behörden zum Schußge unſerer Tiere erlaſſenen Verordnungen, und ferner, weil ihre Abnahme in Ceylon nicht zu bezweifeln iſt. Aber die Verhältniſſe auf dieſer Znſel ent: ſprechen niht denen des Feſtlandes. Auf Ceylon ſind die Elefanten ſtets das von ſehr vielen Sportsmen wie von bezahlten Eingeborenen am eifrigſten verfolgte Wild geweſen, und ihr Vorkommen iſt örtlich niht unbeſchränkt. Auf dem Feſtlande ſind dur Europäer thatſächlih immer nur ſehr wenige erlegt worden, und Eingeborene ließen ſi<h dur die im Gebiete von Madras ausgeſeßzten Belohnungen nur während einiger Fahre zur Jagd anſpornen. Sie gaben die Nachſtellungen auf, als die Preiſe niht mehr gezahlt wurden. Da nun die Vorſtellungen wohldenkender Beamten es \cließli< dahin brachten, daß die ſo viele Tiere verfrüppelnden Fangweiſen der Eingeborenen eingeſchränkt wurden, erfreut ſih jeßt der wild lebende Elefant einer vollſtändigen Unverleßlichkeit ſowohl in den Weſtghats als auch in den