Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

30 Neunte Ordnung: Rüſſeltiere.

und Reitern man<hmal ein Geſamtgewicht von gut 800 kg über Straßen und Plägze! Aber bei andauernden Märſchen iſt für einen Elefanten durGſchnittlih eine gute Laſt: in ebenem Gelände 500 kg und in hügeligen oder moraſtigen Gegenden bloß 350 kg. Schnelle und [eicht beladene Neitelefanten können zwar in einem Tage einmal 60 und 70 km zurülegen, wozu ſie mindeſtens 10—12 Stunden brauchen, aber den wie oben angegeben bepa>ten Laſtelefanten wird man bei fortgeſeßten Märſchen nur die Hälfte der Stre>e wenn überhaupt ſo viel, im Tage zumuten dürfen, vorausgeſeßt, daß ſie reichliches und nahrhaftes Futter erhalten, und daß die Hiße niht ſehr drücend iſt, namentlich die Sonne nicht zu heiß niederbrennt.

Seitdem H. von Koppenfels auf Grund ſeiner in Weſtafrika gemachten Erfahrungen im vorleßten Jahrzehnte ſeine Vorſchläge zur Verwendung der afrikaniſchen Elefanten veröffentlichte, iſt mehrfah dazu angeregt worden, ſi ihrer bei Entde>ungsreiſen in Afrika zu bedienen. Es ſind au<, um die große Nüßlichkeit abzurihtender Stücke darzuthun, Bere<nungen angeſtellt worden, welche freilih ſehr übertriebene Vorſtellungen von ihrer allgemeinen Leiſtungsfähigkeit erwe>en müſſen. Den Berehnungen wurden nicht die in Jndien erfahrungsmäßig erlangten mittleren, ſondern einige höchſte Werte untergelegt, und noh dazu von zweierlei Leiſtungen, die einander ausſ<ließen: denn ebenſowenig wie man den flotten Gang eines Trakehners und die mächtige Zugkraft eines Percherons zuſammengenommen als Eigenſchaften unſeres Durhſchnittspferdes betraten darf, kann man den Tagesmarſch eines ganz leiht beladenen Reitelefanten und die Tragkraft eines nur einen Büchſenſ<huß weit gehenden Laſtelefanten als die Doppelleiſtung eines und desſelben Tieres veranſchlagen. Entweder der Weg muß kurz oder die Laſt muß gering ſein; weite Stre>en und große Laſten zugleich gehen ſelbſt über die Kräfte des Elefanten. Jnfolge jenes Frrtums kam man zu dem Ergebnis, daß die Dienſte eines Elefanten bei Expeditionen in Afrika die von etwa 100 und mehr Trägern zu erſeßen vermöchten. Man würde aber dem Elefanten, da er ſtraßenloſe Gebiete und ſicherlih niht bloß ebenes, feſtes Gelände zu begehen hätte, nur die in Fndien bereits ermittelte kleine Bürde zumuten können, nämlich 350 kg, beſtenfalls 5009 ke. Das wären Laſten, welche 14—20 Träger bequem fortſchaffen können. Und wenn nun die Expedition mit Hilfe des Elefanten auf die Dauer im Durchſchnitte doppelt ſo große Tagemärſche zurülegte, wie ſie mit Trägern allein durhzuführen vermöchte (es wäre das, da die Mitglieder doch größtenteils zu Fuß nebenher zu gehen hätten, eine ſehr hohe Dur<hſchnittsleiſtung), ſo iſt {ließli< die Leiſtungsfähigkeit eines Elefanten für afrikaniſche Expeditionen beſtenfalls der von 28—40 Trägern gleihzuahten. Dabei iſt immer noh vorauszuſeßen, daß alle ſonſtigen Verhältniſſe ſich niht ſhwieriger als in Jndien geſtalten.

Vergleicht man nun insgeſamt die Leiſtungen und die Koſten der Tiere in Indien, jo dürfte es ſih wohl herausſtellen, daß Elefanten in der pfadloſen Wildnis, welche man zu irgend welchen Zweden mit großem Gepäe durhziehen muß, unentbehrlich ſind, in {hon entwi>elten Gebieten hingegen, die gut erhaltene Wege, Eiſenbahnen, Waſſerſtraßen 2c. beſißen, überflüſſig ſind, weil daſelbſt alle übrigen Beförderungsmittel ſ{neller oder mindeſtens billiger arbeiten. Die friedliche wie kriegeriſhe Verwendung der Elefanten wird überall in Jndien zurü>gehen, wie die einzelnen Gebiete ſih wirtſchaftlih vervollklommnen. Auch der Gebrauchselefant hat der Kultur zu weichen. Anders in der Wildnis, denn in dieſer leiſtet er wichtige Dienſte und muß aus dieſem Grunde in gewiſſen Gebieten Jndiens no< beibehalten, könnte in Afrika mit Vorteil ausgenußt werden. Doch kommt hierbei noh ein anderes Bedenken in Frage: es ſcheint, daß er ſih ſ{hwierig akklimatiſiert und, wenigſtens als Arbeitstier, bei großen räumlihen Veränderungen in ſeinem Aufenthaltsorte ſowohl unter Witterungseinflüſſen als au< dur< Futterwechſel leidet. Wie ſi die Sterblichkeit derer, die in ihrer engeren Heimat verwendet werden, zu der von denen verhält, die von