Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

80 Erſte Ordnung: Baumvögel; erſte Familie: Sänger.

treffliche Gelegenheit, Blaumerlen bei ihrem Brutgeſchäſte zu beobachten; denn ein Paar von ihnen niſtete in einer Höhlung der Mauer ſeines Stalles in Gibraltar. Den 5 Eiern entſhlüpften am 20. Funi die Jungen, und beide Eltern bemühten ſi< nun auf das eiſrigſte, ſie groß zu ziehen. Um ihr Gebaren belauſchen zu können, befeſtigte der Beobachter, nachdem er von innen ein Loh dur die Mauer gebrochen hatte, im Jnneren des Stalles einen leinen Käfig, brahte in dieſen die Jungen und überde>te ihn bis auf ein Gu>lo< mit dichtem Zeuge. Durch das Loch konnte er das Treiben der Alten wahrnehmen. Beide Vögel fütterten und brachten ungefähr alle 5 Minuten einmal Nahrung, faſt ausſ<ließli< Tauſendfüße, dann und wann auch große Spinnen und Schmeißfliegen. Der Kopf mit den gifteinflößenden Beißwerkzeugen war ſtets abgebiſſen, die zur Abung verwendeten Tiere überhaupt immer getötet. Zwei von den Jungen ſtarben im Käfige, weil die Alten niht gut zu ihnen kommen konnten; die übrigen gediehen und wurden ſpäter vollends künſtlich aufgeſüttert.

Alte Blaudroſſeln ſind ſhwer zu berüen; deshalb erhält man für den Käſig meiſt junge Vögel, welche dem Neſte entnommen wurden. Sie halten ſi< bei geeigneter Pflege wie der Steinrötel jahrelang, gewöhnen ſih aber ſehr an eine beſtimmte Örtlichkeit und ertragen etwaigen Wechſel {hwer. „Als in Valetta der neue Markt eröffnet worden war“, erzählt Wright, „brachten viele von den Marktleuten ihre gefangenen Blaumerlen in den gewohnten Käfigen von dem alten Markte her mit ſih in ihre neuen Buden. Aber einer der Vögel nach dem anderen welkte dahin, und wenige Wochen ſpäter war nicht einer von ihnen mehr am Leben.“ Jn Jtalien, auf Malta und in Griechenland ſind ſie als Stubenvögel ſehr beliebt. Von Griechenland aus werden viele nah der Türkei ausgeſührt, auf Malta gute Sänger ſo ho< geſchäßt, daß man für ein Männchen 40—60 Mark bezahlt. Eine reiche Malteſerin dünkte ſi<, na< Wright, glü>lih, eine beſonders ausgezeihnete Blaumerle für 150 Mark erſtanden zu haben, „und der frühere Beſißer hatte ſih denno< nur ſchwer von ſeinem Vogel getrennt“. Alle Malteſer verfehlen nicht, das Gebauer, in welchem eine Blaumerle lebt, durch ein in geeigneter Weiſe angebrahtes Stü>k Tuch von roter Farbe gegen das „böſe Auge“ zu ſchüßen.

Vom Raubzeuge hat die Blaumerle wenig zu leiden; ihre Vorſicht entzieht die Alten, der ſtets vortrefflih gewählte Standort des Neſtes die Brut den meiſten Nachſtellungen. Die Edelfalken fangen ſie übrigens, wie ih mi ſelbſt überzeugt habe, zuweilen do.

*

Die Droſſeln (Turdus), eine artenreiche, über die ganze Welt verbreitete Gattung bildend, deren Mitglieder in Geſtalt und Weſen ſi außerordentlich ähneln, gehören zu den großen Singvögeln und ſind mehr oder weniger geſtre>t gebaut. Jhr Schnabel iſt mittel: lang, faſt gerade, längs dem Firſte des Oberkiefers ſanft gebogen und vor der Spibe Jeiht eingekerbt, der Fuß mittelhoh und ſlank, der Flügel zwar nicht beſonders lang, aber verhältnismäßig \pibig, die dritte und vierte Shwinge über die anderen verlängert, der Schwanz ſelten mehr als mittellang und in der Regel gerade abgeſchnitten oder ſeitlih nur wenig abgerundet, das Gefieder endlih ſanft und weich, jedoh niht beſonders weitſtrahlig, ſeine Färbung ſehr verſchieden. Bei den meiſten Arten ſind beide Geſchlechter ähnlich gezeihnet; doh kommt auch das Entgegengeſeßte niht ſelten vor. Die Fungen tragen ein geſle>tes Kleid. Unſere heimiſchen Arten lehren uns die Sitten und Gewohnheiten faſt aller e<ten Droſſeln kennen.

Unter den in Deutſchland brütenden Arten iſt die Miſteldroſſel, Miſtler, Miſtelziemer, Schnerx, Zarizer, Zehrer, Zierling, Shneekater2c. (Turdus yiscivorus,