Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Blaumerle: Verbreitung. Weſen. Stimme. Fortpflanzung. 79

daß ih im Wintex in Ägypten zuweilen kleine Geſellſchaften des ſonſt ſo ungeſelligen Vogels geſehen habe. „Dieſer Vogel, Cyanus genannt“, ſchreibt ſhon unſer alter Freund Gesner, „haſſet von Natur den Menſchen, fleucht derhalben alle verſammlungen derſelbigen, auch alle Wildnuſſen, darinnen Menſchen wonen, hat lieb die einöden Ort vnd hohen Gibel der Bergen. Epirum und andere Fnſulen ſo behauſet werden, haſſet er, liebet dagegen Scyrum, vnd andere dergleichen einöde vnd vnſruchtbare Ort.“ Die Blaumerle hat übrigens au< ihre guten Seiten. Sie iſt ein außerordentlih munterer, regſamer, bewegungsluſtiger Vogel und ſingt ſehr fleißig. Fhr Geſang ſteht dem des Steinrötels zwar nach, darf aber no< immer als vorzüglich gelten und wird beinahe zu jeder Fahreszeit vernommen. Jn ihren Bewegungen ähnelt auch ſie den Steinſhmäßern, niht aber den Drofſeln, mit denen ſie überhaupt nur die flüchtigſte Betrachtung vergleichen kann. Sie ift vielleiht no gewandter als die Shmäßer und zwar nicht bloß im Laufen, ſondern auch im Fliegen. Keine andere von den mir bekannten Arten der Familie fliegt ſo viel und ſo weir in einem Zuge wie ſie, welche oft Entfernungen von 1 km ohne zu raſten dur<hmißt und, von einem ihrer Lieblingsſigze in der Höhe ausgehend, ohne ſih auf den Boden herabzuſenken, von einem Berggipfel zum anderen ſtreicht. Der Flug ſelbſt erinnert an den unſerer gewandteſten Droſſeln; doh ſ<hwebt die Blaumerle mehr als dieſe, namentli<h kurz vor dem Niederſezen, und ebenſo ſteigt ſie, wenn ſie ſingt, ganz gegen Droſſelart in die Luft. Der Geſang vereinigt die Klänge mehrerer Vögel, hat beiſpiel8weiſe von dem Steinrötel die zuſammenhängenden Halstöne, nur daß ſie rauher und ſtärker ſind, von der Singdroſſel die lauten, nahtigallähnlihen Pfiffe und von der Amſel ebenfalls mehrere Strophen. Doch iſt die Stimme des Steinrötels viel biegſamer, ſanfter und angenehmer, ſein Geſang mehr abwe<hſelnd und minder durchdringend, und deshalb eben eignet er ſih für das Zimmer mehr als ſeine Verwandte. Dieſe wicderholt die einzelnen Strophen gewöhn-. lidi 2—8, ja ſelbſt 5—10mal; demzufolge dünkt uns der Geſang niht ſo mannigfaltig, wie er es wirkli< iſt. Zuweilen läßt die Blaumerle ſo leiſe und zwitſhernde Töne vernehmen, wie ſie nur der kleinſte Vogel hervorbringen kann. Sie ſingt gern und viel in der Abenddämmerung, zuweilen auch bei Kerzenlicht: eine trug beſonders bei ſtarker Beleuchtung, wenn laut geſprochen wurde, ihre leiſen und angenehmen Töne vor. Auch ſie hat eine Lieblings- und Begrüßungsſtrophe, mit welcher ſie einen ſi<h nahenden Bekannten empfängt, wiederholt ſie aber 6—20mal ohne Unterbrehung und kann deshalb läſtig werden. Auch dies wußte ſchon der alte Gesner: „Er ſingt gar vnderſchiedlich, ordentlich, lieblih, vielfaltig vnd mancherley. Er iſt darzu gar gelehrig, vnd nimpt aller dingen ſo eben wax, daß er mehrererteils dieſelbigen gar verſtändiglih mit ſeiner Stimm bedeut vnd anzeigt. So er in der mitten in der vngeſtümmen Nacht erwe>et wirt, ſingt er, als geheißen, gant hell, meint derhalben er wölle ſeinen Befolh gar fleißig und trewlih außrihten“. Der Lokton iſt das übliche „Ta ta“, der Ausdru> der Furcht das „Uit uit“ des Steinrötels.

Die Liebeswerbungen der Blaumerle erinnern an den Tanz des Steinrötels; das Männ<en nimmt aber, wie A. von Homeyer ſagt, eine wagerechte Haltung an, bläht ſich auf und erſcheint deshalb viel größer, „ballartig“/ duckt den Kopf nieder und ſchnellt den hohgehobenen, zuſammengelegten Schwanz dann und wann nah Art der Amſel in die Höhe. Das Neſt ſteht in Felsſpalten, auf Kirchtürmen , verfallenen Bergſchlöſſern und anderen hochgelegenen oder erhabenen Gebäuden, iſt anſehnlich groß, aber kunſtlos, äußerlih aus Grasjtü>en, groben und feinen Halmen gebaut, in der flahen Mulde mit gekrümmten Wurzelfaſern ausgelegt, und enthält Anfang Mai 4—6 eirunde, glänzende, entweder einfarbig grünlichblaue oder auf ſo gefärbtem Grunde ſpärlih und namentlich gegen das dide Ende hin mit ſhwach violettgrauen Unter- und rötlich - oder rotbraunen Oberfle>en geſprenkelte Eier, deren Längsdur<hmeſſer 28 und deren Querdurhmeſſer 19 mm beträgt. Jrby hatte