Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Droſſeln: Frrgäſte. Weſen. Stimme. S7

au< dann niht rü>&ſihtslos preis, ſondern halten ſich ſtets in wohlgemeſſener Entfernung. Die in den ſtillen, menſchenleeren Wäldern des Nordens groß gewordenen Arten laſſen ſih leiht berü>en, dur<h zur Schau gehängte Nahrung bethören oder durch andere ihrer Art in verſte>te Fallen lo>en; Erfahrung aber wißigt ſie ſehr bald, und diejenigen, welche einmal betrogen worden ſind, laſſen ſi<h auf dieſelbe Weiſe ſo leiht niht wieder täuſchen. Geſelligkeit ſ<heint den meiſten Arten Bedürfnis zu ſein. Sie ſind, wie ſchon bemerkt, keineswegs friedfertig, geraten vielmehr recht häufig in Streit; aber ſie können, wie man zu ſagen vflegt, niht voneinander laſſen, und der Lockruf, welchen eine von ihnen ausſtößt, wird von anderen ſelten gehört, ohne befolgt zu werden. Sie vereinigen ſih niht bloß mit anderen derſelben Art, ſondern mit allen Droſſeln überhaupt, und es kann geſchehen, daß verſchiedene lange Zeit zuſammenbleiben, gemeinſchaftlich reiſen und gemeinſa {tlih den Winter in der Fremde verleben. Jm Notfalle miſchen ſie ſih auh unter andere Vögel, ohne ſich jedo<h auf beſonders freundſchaftlichen Fuß mit ihnen zu ſtellen, und deshalb darf man die Warnungen, welche ſie derartigen Genoſſen zukommen laſſen, wohl kaum als freundſchaft: li gemeinte anſehen. Dem Menſchen trauen ſie nie vollſtändig; aber ſie unterſcheiden re<t wohl zwiſchen gefährlihen und ungefährlichen Leuten. Gewaltſam in Gefangenſchaft gebracht, gebärden ſie ſih anfänglih äußerſt ungeſtüm; bald aber erkennen ſie in dem, welcher ſie freundlich behandelt, einen Freund und ſchließen ſi<h ihm innig an.

Stimme und Geſang der Droſſeln ähneln ſi<h und ſind doh auch wieder ſehr verſchieden. Die Locfſtimme der Miſteldroſſel klingt wie „ſhnerr“, dem Laute ähnlich, welhen man hervorbringen fann, wenn man mit einem Stäbchen über die Zähne eines Kammes ſtreicht. Im Eifer wird das „Schnerr“ durch ein dazwiſchen geſchobenes „Ra ta ta“ verſtärkt. Der Angſtruf iſt ein unbeſchreiblihes Geſchrill, wie es überhaupt die meiſten Droſſeln unter denſelben Umſtänden hören laſſen. Die Loſtimme der Singdroſſel iſt ein heiſer pfeifendes, niht weit hörbares „Zip“, an welches häufig die Silbe „ta>“ oder „töd“ angehängt wird. Bei beſonderer Erregung klingt der verlängerte Lokruf wie „ſtyx ſtyx ſtyx“/. Die Locſtimme der Wacholderdroſſel iſt ein ſchnell und ſcharf hervorgeſtoßenes „Tſchad tſha> tſ<ha>“, dem ein helles „Gri gri“ angehängt wird, wenn ſie andere einladen will. Der Lo>ruf der Rotdroſſel iſt ein hohes „Zi“ und darauf folgendes tiefes „Gat“, der Angſtruf ein ſhnarrendes „Scherr“ oder „Tſcherr“. Die Ringdroſſel lot: „tö tö>k tök“ und dazwiſchen tief betont „a>“, ſchnarrt aber auh na<h anderer Verwandten Art. Die Amſel endlich ruft trillernd „ſri“ und „tränk“, beim Anblicke von etwas Verdächtigem aber ſchallend und gellend „dix, dix“, worauf, falls Flucht nötig wird, ein haſtiges „Gri gich gih“ folgt. Alle dieſe Laute, wel<he ſelbſtverſtändlih nur höchſt unvollkommen ausgedrü>t werden fönnen, ändern, je nah den Umſtänden, vielfah ab. Sie ſind übrigens allen Droſſeln verſtändlich; denn eine Art hört auf den Lockruf der anderen, und namentli<h der Warnungsruf wird von allen wohl beachtet.

Die Geſänge gehören zu den beſten aller Singvögel überhaupt. Unſerer Singdroſſel gebührt die Krone; ihr faſt ebenbürtig iſt die Amſel; auf ſie folgen die Miſtel- und die Wacholderdroſſel. Mit Stolz nennt der Norweger die Singdroſſel „Nachtigall des Nordens“ und der Dichter Wel >erx in Anerkennung ihrer köſtlichen Lieder „Waldnahtigall“. Fhr Geſang iſt ein inhaltreiches, wohl- und weittönendes Lied. Mit den flötenden Lauten wechſeln allerdings auch ſchrillende, minder laute und nicht ſehr angenehme Töne ab; aber die Anmut des Ganzen wird troßdem kaum beeinträchtigt. Der Amſelgeſang ſteht dem der Singdroſſel faum nac, beſit mehrere Strophen von ausgezeihneter Schönheit, klingt aber niht jo fröhlich, ſondern feierlicher oder trauriger als der ihrer begabten Verwandten. Das Lied der Miſteldroſſel beſteht aus wenigen, höchſtens aus 5—6 Strophen, welche unter ſich niht ſehr verſchieden, aber faſt ausnahmslos aus vollen flötenden Tönen zuſammengeſebt ſind,