Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

118 Erſte Drdnung: Baumvögel; erſte Familie: Sänger,

häufig, als in ernſter Abſicht, mag dieſes Jagen ein Spiel, ein Schäkern ſein, welches aus reiner Luſt an der Bewegung ausgeführt wird.

În einer Hinſicht ſtehen ſie weit hinter ihrer Namensverwandten zurü>: ihr Geſang kann ſih mit dem der Naltigall nicht vergleichen; Graf von der Mühle nennt ihn „einförmig“ und vergleicht ihn mit dem Liede der Grasmü>e; ih muß beiſtimmen, will aber ausdrüdlih bemerken, daß er mir troß ſeiner Einfachheit ſtets wohl gefallen hat. Gerade weil die Baumnachtigall an ſolchen Orten lebt, welche die Nachtigall meidet, und weil ſie dur fleißiges Singen das zu erſeßen ſucht, was ihr im Vergleiche zu ihrer hohbegabten Shweſter abgeht, wird ſie dem Tierfreunde lieb und wert. Sie ſingt auf ihrer Warte ſizend, am Boden dahinlaufend, ſelbſt fliegend, faſt ununterbrochen, und die einzelnen Töne ſind immerhin wohllautend genug, um zu gefallen.

Die Brutzeit beginnt im zweiten Drittel des Mai. Das große, aber unſchöne Neſt wird auf Baumknorzen zwiſchen den ſtärkeren Äſten oder im dihten Gebüſche aus Reiſig, Moos, Grasblättern oder weichen Pflanzenſtengeln erbaut und ſeine Mulde mit Haaren, Wolle, Baumwolle und Federn ausgelegt. Triſtram meint, der Vogel „ſcheine nicht eher zu legen, als bis ex ein Stü> Schlangenhaut gefunden und damit ſeinen Bau vollendet habe“ und in der That enthalten die meiſten Neſter ein Stü> Schlangenhemde. Die 4—6 Eier ſind ſehr verſchieden in Größe, Geſtalt und Färbung, dur<hſchnittli<h etwa 22 mm lang und 15 mm did, auf trübweißem oder blaugrauem Grunde mit undeutlichen dunkleren Fle>en und außerdem mit braunen Pünktchen gezeichnet. Über die Aufzucht der Jungen mangelt mix jede Kunde; ich kann nur ſagen, daß wir no< Anfang September, während die meiſten Alten bereits in voller Mauſer ſtanden, flügge Neſtjunge antrafen.

Ob wirklich, wie Triſtram angibt, Eier und Junge „die beſtändige Beute der Kriechtiere“ und dieſe deshalb die ſ{<limmſten Feinde der Baumnahhtigallen ſind, ſteht dahin. Sicher werden leßtere auh von dem geſamten Raubzeuge unter Säugern und Vögeln nicht verſchont werden, überhaupt mit ihren Verwandten dieſelben Gefahren teilen. Der Menſch tritt wohl nur in Spanien als Verfolger der anmutigen Geſchöpfe auf: der Spanier jagt ſie, wie alle anderen Sänger, um ihr Fleiſch für die Küche zu verwerten.

Die Gattung der Nohrſänger (A crocephalus), welche in mehreren Arten vorzugsweiſe das nördli<h altweltlihe Gebiet bevölkert, außerdem aber auch im indiſchen, äthiopiſchen und auſtraliſchen vertreten iſt, kennzeihnet ſih dur<h ſ{<lanken Leib, geſtre>ten, flachſtirnigen Kopf, verhältnismäßig ſtarken, ſ{hlank kegel- oder pfriemenförmigen Schnabel, hochläufige, kräftige Füße mit di>ken Zehen und großen, ſcharf gekrümmten Nägeln, kurze und abgerundete Flügel, in denen die zweite oder zweite und dritte Schwinge die längſten, mittellangen, zugerundeten , ſtufigen oder keilförmigen Shwanz und glattes, etwas hartes Gefieder, von grüner oder graugelblicher, Nied und Röhricht entſprechender Färbung.

Weſen und Gebaren dieſer ſehr eigenartigen Sänger entſprehen deren Aufenthaltsorten. Sie, die Rohr-, Schilf-z, Ried- und Grasſänger, hauſen ſtets am Boden und bethätigen hier alle Eigenſchaften, welche ſolhe Lebensweiſe bedingt. Hochbegabt nach jeder Nichtung hin, zeichnen ſie ſi<h auh dur< ihre Geſänge aus: es ſind Sumpf- und Waſſerlieder, welche ſie zum beſten geben. Fhre Nahrung ſuchen und finden ſie am Boden und hart über dem Waſſer, an den Pflanzen, zwiſchen deren Dickicht ſie wohnen; ihr meiſt künſtliches Neſt legen ſie ebenfalls hier an.

Die größte und bekannteſte Art der Gattung iſt der Droſſelrohrſänger, auth Waſſernachhtigall, Schlotengaßer, Rohrſproſſer, Rohrvogel, Rohrſchliefer,