Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Artenzahl. Aufenthalt. NahrungSserwerb. 15

richtig, ſtimmen auh mit den Shhäßungen anderer Vogelkundigen keineswegs überein. Gray führt 1871 niht weniger als 11,164, Wallace 1876: 10,200, Sclater 1880: 10/139 Arten auf, weder der eine noh der andere aber vermag für die Nichtigkeit ſeiner Angaben einzuſtehen. Wahrſcheinlich ſhäßen wir hoh genug, wenn wir die Anzahl dex bis jet wirk: li< bekannten Vogelarten zu 10,000 annehmen.

Dex Aufenthalt der Vögel iſt höchſt verſchieden. Sie beſiedeln alle Orte, welche ihnen die Möglichkeit zum Leben gewähren. Von dem Meere an ſteigen die im Waſſer hauſenden Vögel bis hoh in das Gebirge empor, und mehr als ſie noh erheben ſi< die Sumpfbewohner, aus dem einfachen Grund, weil ſie weniger als jene an das Waſſer gebunden ſind. Das tro>ene Land beſigt ebenſo überall ſeine ſtändigen Bewohner; ſelbſt inmitten der Wüſte, auf Sandflächen, welche unſerer Meinung nah kaum ein Geſchöpf ernähren können, finden ſie no< ihr tägliches Brot. Doch iſt die größere Menge, wenn nicht unmittelbar, ſo doh mittelbar, ebenſo an Pflanzen gebunden wie die Säugetiere. Erſt im Walde entfaltet unſere Klaſſe ihren vollen Reichtum und ihre Mannigfaltigkeit. Das Meer ernährt Millionen von Einzelweſen derſelben Art, und die Brutzeit verſammelt ſie auf einzelnen Fel8wänden, Jnſeln, Schären; wie zahlreih aber auh die Geſellſchaft ſein möge: auf dem Lande und ſelbſt im Walde gibt es Schwärme von ähnlicher Stärke, und während dort die Cinförmigkeit vorherrſcht, bekundet ſih hier nebenbei Verſchiedenartigkeit. Je mehr man ſi dem Gleicher nähert, um ſo artenreicher zeigt ſih die Klaſſe der Vögel, weil in den Wendekreisländern das Land ſelbſt wechſelvoller iſt als irgendwo anders und mit dieſer Vielſeitigkeit der Erde eine Vermehrung verſchiedener Lebensbedingungen im Einklange ſtehen muß. Dem entſpricht, daß es niht die großen Waldungen ſind, welche die größte Mannigfaltigkeit zeigen, ſondern vielmehr Gegenden, in denen Wald und Steppe, Berg und Thal, tro>enes Land und Sumpf und Waſſer miteinander abwechſeln. Ein dur<h Wälder fließender Strom, ein von Bäumen umgebener Sumpf, ein überſ<hwemmter Waldesteil verſammelt ſtets mehr Vogelarten, als man ſonſt zuſammen ſieht, weil da, wo die Erzeugniſſe des Waſſers und des Landes ſich vereinigen, notwendigerweiſe auch ein größerer Reichtum an Nahrungsmitteln vorhanden ſein muß als da, wo das eine oder das andere Gebiet vorherrſcht. Die größere oder geringere Leichtigkeit, ſih zu ernähren, bindet dieVögel, wie alle übrigen Geſchöpfe, an eine gewiſſe Stelle.

Die Vögel verſtehen es meiſterhaft, ein beſtimmtes Gebiet auszubeuten. Sie durchſpähen jeden Schlupfwinkel, jede Ribe, jedes Verſte> der Tiere und leſen alles Genießbare auf. Wenn man die Art und Weiſe der Ernährung in Betracht zieht, kann man auch bei ihnen von Beruf oder Handwerk reden. Einzelne, wie viele Körnerfreſſer und die Tauben, nehmen offen zu Tage liegende Nahrungsmittel einfach auf; andere Körnerfreſſer ziehen Sämereien aus Hülſen heraus, die Hühner legen Körner, Wurzeln, Knollen und ähnliche Stoffe dur<h Scharren bloß. Die Fruchtfreſſer pflücken Beeren oder Früchte mit dem Schnabel ab, einzelne von ihnen, indem ſie ſi fliegend auf die erſpähte Nahrung ſtürzen. Die Kerbtierfreſſer leſen ihre Beute in deren ſämtlichen Lebenszuſtänden vom Boden ab, nehmen fic von Zweigen und Blättern weg, ziehen ſie aus Blüten, Spalten und Rißen hervor, legen ſie oft erſt na< längerer und harter Arbeit bloß oder verfolgen ſie mit der Zunge bis in das Jnnerſte ihrer Schlupfwinkel. Die Raben betreiben alle dieſe Gewerbe gemeinſchaftlich, pfuſchen aber au< ſchon den echten Räubern ins Handwerk. Unter dieſen beutet jeder einzelne ſeinen Nahrungszweig ſelbſtändig aus. Es gibt unter ihnen Bettler oder Schmaroßer, Gaſſenkehrex und Abfallſammler, ſolche, welche nur Aas, andere, welche hauptſächlih Knohen freſſen, viele, welche Aas nicht verſhmähen, nebenbei jedo<h au<h ſhon auf lebende Tiere jagen; es gibt unter ihnen einzelne, welche hauptſächlich größeren Kerfen nahſtreben und höchſtens ein kleines Wirbeltier anfallen, andere, deren Jagd bloß dieſen gilt; es gibt