Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

16 Ein Bli> auf das Leben der Geſamtheit,

NRaubvögel, welche nur auf ſizendes oder laufendes andere, welche bloß auf fliegendes Wild ſtoßen, einzelne, welche die verſchiedenartigſten Gewerbe betreiben. Unter den Sumpf- und Waſſervögeln iſt es ähnli<. Viele von ihnen leſen das auf, was ſich offen findet, andere durchſuchen Verſte>pläße der Tiere; einige freſſen pflanzliche und tieriſhe Stoffe, andere leßtere aus\cließli<; dieſe ſeihen ſi aus flüſſigem Schlamme ihre Nahrung ab, jene holen ſie tauchend aus bedeutenden Tiefen empor; die einen ſuchen ihre Beute unter dem Waſſer, die anderen ſtürzen ſi<h auf bereits erſpähte von oben herab. Es gibt keine Gegend, fein einziges Pläßchen auf der ganzen Erde, welches von ihnen niht ausgebeutet würde. Ein jeder verſucht ſeine. Ausrüſtung in der beſten Weiſe zu verwerten, jeder ſih ſ<le<t und recht durch das Leben zu ſchlagen. Die Ausrüſtung, alſo die Geſtaltung und Bewaffnung des Vogels iſt es, welches das Gewerbe oder den Beruf beſtimmt.

Der Vogel lebt eine kurze Kindheit, aber eine lange Jugendzeit, wenn auh niht gerade im Verhältnis zu dem Alter, welches er erreicht. Allerdings iſt ſein Wachstum raſch beendet und er ſhon wenige Wochen nah dem Eintritte in die Welt befähigt, deren Treiben und Drängen, Fordern und Anſtürmen die Bruſt zu bieten; aber eine lange Zeit muß vergangen ſein, ehe er ſeinen Eltern glei< da ſteht. Er entwidtelt ſich, wie wir alle wiſſen, aus dem Eie und zwar dur< die Wärme, welche die brütenden Eltern oder die brütende Mutter, gärende Pflanzenſtoffe oder die Sonne dieſem ſpenden. Nach der Befruchtung tritt eines der bereits dotterreichen Eier, welche am Eierſto>e hängen, aus der Mitte der übrigen heraus, nimmt aus dem Blute alle dem Dotter noh zukommenden Stoffe auf, trennt ſi ſodann und gelangt nun in den Eileiter, welcher während der Legezeit eine erhöhte Thätigkeit bekundet, namentlih das Eiweiß abſondert. Beide, Dotter und Eiweiß, werden dur Zuſammenziehungen des Eileiters vorwärts bewegt, gelangen in ſeine untere Erweiterung oder în die ſogenannte Gebärmutter, nehmen hier die Eigeſtalt an und erhalten die Eiſchalenhaut und die Kalkſchale. Lettere, welche anfangs weichbreiig oder kleberig iſt, erhärtet raſ< und vollendet den Aufbau des Eies. Durch Zuſammenziehung der Muskelfaſern der Gebärmutter wird leßteres, mit dem ſtumpfen Ende voran, gegen die Mündung der Scheide, in dieſe und die Kloake bewegt, hier wahrſcheinlich gefärbt und ſodann dur< den After ausgeſtoßen. Größe und Geſtalt des Eies welche wohl dur den Bau der Gebärmutter bedingt werden, ſind ſehr verſchieden. Erſtere iſt in der Regel dem Umfange des Körpers der Mutter inſofern angemeſſen, als das Ei einen gewiſſen Gewichtsteil des Körpers beträgt, ſhwankt aber erheblih; denn es gibt Vögel, welche verhältnismäßig ſehr große, andere, welche verhältnismäßig ſehr Éleine Eier legen. Die Geſtalt weicht von der des Hühnereies gewöhnlih niht auffällig ab, geht jedoh bei einzelnen mehr ins kreiſel- oder birnenförmige, bei anderen mehr ins walzige über. Über die Färbung der Eier läßt ſi< im allgemeinen wenig, nur ungefähr ſo viel ſagen, daß diejenigen Eier, welche in Höhlungen gelegt werden, meiſt weiß oder doh einfarbig, die, welche in offene Neſter zu liegen kommen, getüpfelt ſind. Die Anzahl der Eier, welche ein Vogel legt, ſhwankt von 1—24; Gelege von 4—6 Eiern dürften am häufigſten vorkommen.

Sobald das Weibchen die gehörige Anzahl von Eiern gelegt hat, beginnt das Brüten. Die Mutter bleibt auf dem Neſte ſißen, angeſpornt durch einen gleichſam fieberhaften Zuſtand, und ſpendet nun, entweder allein oder abwechſelnd mit ihrem Gatten, dem im Eie eingebetteten Keime die Wärme ihrer Bruſt, macht ſih au wohl zeitweilig die Sonnenſtrahlen oder die dur< Gärung faulender Pflanzenſtoffe entſtehende Wärme nußbar. Fe nah der Wikterung werden die Eier früher oder ſpäter gezeitigt; die Zeitſhwankungen ſind jedoch bei den einzelnen Arten nicht beſonders erhebli<h. Anders verhält es ſih, wie zu erwarten,