Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1, S. 378
S342 Erſte Ordnung: Baumvögel; elfte Familie: Finken.
regelmäßig bis Südchina und Mittelindien hinabzieht, entfernt ſi die lestere niemals ſo weit von ihrer Heimat. Ebenſo wie beide in ſüdlicher Nihtung wandern, reiſen ſie au< in ſüdweſtlicher, berühren bei dieſer Gelegenheit unſer Vaterland und dur<ziehen es unerkannt oder unbeachtet viel häufiger, als wir, auf unſere bisherigen Beobachtungen uns ſtüßend, glauben.
Über Lebensweiſe und Betragen der beiden nahe verwandten Arten iſt wenig zu berichten. Beide bewohnen die Waldungen ihrer nördlihen Heimat, insbeſondere die Weidenbeſtände an den Ufern und auf den Jnſeln der nördlichen großen Ströme, erſcheinen hier jedo< nux, um zu brüten, und wandern, ſobald ſie ihre Brut aufgezogen haben, ebenſo langſam wieder weg, wie ſie kamen. Radde hebt hervor, daß die Waldammer in Oſtſibirien unter allen Verwandten am früheſten den Südoſten Sibiriens durchreiſt, bereits am 26. März am Tarai-nor, nah der Wanderung durch die öden Steppen aber ſo todmüde eintrifft, daß ſie mit der Hand gefangen werden kann, nunmehr weiterzieht, um zu Ende des April oder im Mai ihre Heimat zu erreihen. Ähnliches dürfte für die Zwergammer Gültigkeit haben. Über ihr Sommexleben kann ih nah eigner Anſchauung einiges berihten. Entſprechend der Bodenfärbung und eine verſte>te Lebensweiſe führend, wird der kleine Vogel leicht überſehen; man beïommt ihn eigentlih nur dann vor das Auge, wenn das Männchen auf eine Baumſpize fliegt, um von dieſer aus ſeinen ſehr kurzen, dürftigen Ammergeſang, eigentlich nur drei oder vier Töne, vernehmen zu laſſen. Sobald der Schnee in den Waldungen geſhmolzen, erſt um die Mitte des Juni, ſchreitet das Paar zur Fortpflanzung. Ein Neſt, welches das Lahmheit heuchelnde Männchen mir verriet, fand ih am 11. Zuli nah langem Suchen auf. Es ſtand auf dem Boden in altem, dürrem Graſe ſehr verſte>t war, der Größe des Vogels entſprechend, klein, fla, füllte eine kleine, ſeichte Vertiefung notdurſtig aus und beſtand einzig und allein aus feinen, dünnen, gut ineinander verwobenen Grashalmen, ohne irgend welche Auskleidung. Die Alten gebärdeten ſih ungemein ängſtlich und verſtellten ſi< in üblicher Weiſe; durch das warnende Männchen bewogen, verließ das Weibchen endli<h das Neſt, hüpfte beim Abgehen von dieſem erſt längere Zeit von mir unbemerkt im Graſe fort und zeigte ſih ſodann in weiter Entfernung freier. Beide Eltern hielten ſih, folange ih ſuchte, in unmittelbarer Nähe des Neſtes auf, kamen bis auf drei Schritt an mich heran und ſtießen dabei ihren Lo>kton, ein ſcharfes, aber ſchwaches „Zipp zipp zipp“, ununterbrochen aus. Jch ließ die Jungen ſelbſtverſtändlich liegen und würde vielleicht ebenſo mit den Eiern verfahren haben, hätte ih ſolche gefunden. Baldamus, der die Eier durch A. von Middendorff erhielt, bemerkt, daß ſie ſehr verſchieden geſtaltet, 17—20 mm lang, 14 mm did und auf gelblihem Grunde, vorzugsweiſe um das di>e Ende mit violettbraunen Punkten, Strihhen und verwaſchenen Fle>en gezeichnet ſind, denen der Gartenammer am meiſten ähneln und dur ihre geringe Größe von ihnen wie von allen übrigen Ammereiern ſi< unterſcheiden. Seebohm fand im Juni an der unteren Petſchora mehrere Neſter mit ähnlichen Eiern.
Unter den übrigen deutſchen Arten der Gattung mag die ſhwerleibige Grauammer Lerchen-, Gerſten-, Hirſen-, Wieſen-, Winterammer, Gaſſenknieper, Kornquarker, Klitſcher, Knipper, Keruſt, Braßler, Gerſtling, Winterling und Strumpfwirker (Emberiza calandra und miliaria, Miliaria septentrionalis, germanica und peregrina, Cynchramus und Spinus miliarius, Cryptophaga miliaria), zunädſt genannt ſein. Fhre Länge beträgt 19, ihre Breite 29, ihre Fittichlänge 9, ihre Shwanzlänge 7 cm. Die Oberteile, mit Ausnahme der einfarbigen Bürzel- und Shwanzdefedern, ſind auf erdbräunlichem Grunde mit dunkeln Schaftſtrichen gezeichnet, die vom Unterſhnabel herab undeutliche Bartſtreifen bilden und auf der Kropfmitte zu einem größeren dunkeln Fle>en