Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, S. 585
Rebhuhn: Begabung. Stimme. Weſen. Fortpflanzung. 541
Lagen des Lebens ſih zu fügen. Es iſt geſellig, friedliebend, treu und aufopferungsfähig, äußerſt zärtlih gegen den Gatten oder gegen die Kinder, bekundet aber alle dieſe guten Eigenſchaften mehr innerhalb der Familie im ſtrengſten Sinne des Wortes als anderen Tieren und ſelbſt anderen der gleichen Art gegenüber. Wenn es gilt, den Beſitz zu verteidigen, kämpft ein Hahn waer mit dem anderen, und wenn zwei Familien ſi< verbinden wollen, geht es ohne Balgereien niht ab; dagegen nimmt ſich eine Familie verwaiſter «Zungen ſehr oft an, und die führenden Alten erweiſen den Fremdlingen dieſelbe Zärtlichkeit wie den eignen Kindern.
Mit dem Schmelzen des S<nees regt ſi<h der Paarungstrieb, Schon im Februar ſprengen ſi die Völker, die während des Winters treu zuſammenhielten, in Paare, und jeder Hahn wählt einen ihm paſſenden Standort. Tritt nohmals winterliches Wetter ein, ſo vereinigen ſih die Paare wohl auh wieder auf kurze Zeit; jedenfalls aber trifft ſie der kommende Frühling verſtreut. Jeßt vernimmt man in den Morgen- und Abendſtunden das herausfordernde Rufen der Hähne, ſieht au< wohl zwei von ihnen ernſten Streit um ein Weibchen ausfehten. Dabei ſpringen beide gegeneinander und verſuchen, mit Krallen und Schnabel ſi gegenſeitig zu ſchädigen. “Der Schwächere muß weichen, und der Sieger kehrt frohlo>end zur Gattin zurü>. Es wird behauptet, daß die einmal geſchloſſene Ehe eines Paares unauflöslih ſei; doh läßt ſi<h ſhwerlih beſtimmen, ob der aus ſolchen Kämpfen hervorgehende Sieger wirklih immer der rehtmäßige Gatte iſt, wie man gern annimmt. Eins iſt freilih rihtig, daß ſi<h die Paare einigermaßen aus dem Lärme der Welt zurüdziehen, d. h. daß die gepaarten Hähne ſich mit anderen möglichſt wenig in Kampf und Streit einlaſſen, Nicht die beweibten werden zu Störenfrieden, ſondern diejenigen, welche auf Freiers Füßen gehen und ſi< wenig um die Rechte anderer kümmern.
Gegen Ende April, gewöhnlich erſt zu Anfang Mai, beginnt die Henne zu legen. Zhr Neſt iſt eine einfache Vertiefung auf dem flachen Boden, die mit einigen weihen Halmen ausgefüttert und oft an re<t unpaſſenden Pläßen angelegt wird. Bisweilen de>t es ein Buſch; in den meiſten Fällen aber ſteht es mitten im früh aufſchießenden Getreide, namentli<h in Weizen-, Erbſen und NRübſenfeldern, im Klee oder in hohem Graſe der Wieſe, au< wohl auf jungen Shlägen am Rande kleiner Feldhölzer. Das Gelege zählt 9—17 Eier; wenigſtens nimmt man an, daß diejenigen Neſter, in welhen man mehr fand, niht von einer einzigen Henne allein benußt wurden. Hat eine Henne weniger als 9 Eier, ſo läßt ſich hieraus mit Wahrſcheinlichkeit folgern, daß das erſte Gelege dur irgend einen Zufall verunglü>te. Die Eier ſind dur<ſchnittlih 33 mm lang, 26 mm di>, birnförmig, glattſchalig, wenig glänzend und blaßgrünlih-braungrau von Farbe. Die Henne brütet volle 26 Tage mit unglaublicher Hingebung, ſo anhaltend, daß ihr nah und nach faſt alle Bauchfedern ausfallen, und verläßt das Neſt nur ſo lange, wie unbedingt erforderlih, um die notwendige Nahrung aufzuſuchen. Während ſie brütet, weicht das Männchen nicht aus der Nähe, hält vielmehr gute Wacht, warnt die Gattin vor jeder Gefahr, gibt ſi< au< gewöhnlich dieſer preis und kehrt, wenn es verſcheucht wurde, wieder zur alten Stelle zurü>. Wird der Hahn getötet, ſo ſteht auch ihr ziemlich ſicher der Untergang bevor. Fortgeſeßte Nachſtellung fann ein Rebhuhnpaar übrigens, ſo ſehr es die Brut auch liebt, doch vom Neſte verſcheuchen.
Die Jungen ſind allerliebſte Geſchöpfe, ſhon ſoweit es ſi< um das Äußere handelt. Jhr Daunenkleid zeigt auf der Oberſeite eine Miſchung von Gelbbraun, Roſtgelb, Noſtbraun und Shwarz, während auf der Unterſeite lichtere Farben vorherrſchen ; die Zeichnung beſteht aus unterbrochenen Fle>enſtreifen. Sie bewegen ſih vom erſten Tage ihres Lebens an mit vielem Geſchi>, verlaſſen das Neſt ſogar ſ{<on, eche ſie vollkommen tro>en geworden oder von allen Anhängſeln der Eiſchalen befreit ſind, lernen auh ſehr raſh ſi< den Unterweiſungen ihrer Eltern fügen.