Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, S. 597

Haldenhuhn: Standorte. Lebensweiſe. Stimme. 993

höchſten Gipfeln empor und im Winter bis zur Holzgrenze herab; Bedingung für ſeinen Aufenthalt aber iſt, daß ſein Wohngebiet nicht bewaldet ſei; denn er iſt Felſenvogel im wahren Sinne des Wortes. Jn die Ebene hinab geht er auh im ſtrengſten Winter nicht. Je wilder die Felſen, je höher die Abſtürze, je unwegſamer für Menſchen und Tiere die Felswände, um ſo ſicherer wird man ihn finden. Soviel wie möglih ſucht er ſtets die höchſten Gipfel auf, fliegt aber von ihnen aus im Laufe des Tages auch in Thäler hinab, in welchen ein Pferd ohne beſondere Mühe auſſteigt, und hält ſi<h an Gehängen auf, an welchen zwiſchen grün beraſten oder mit Geſtrüpp bede>ten Stellen einzelne Felskuppen zu Tage treten.

Jedes Ullarpaar behauptet einen beſtimmten Stand, hier im Manrakgebirge jahraus jahrein denſelben. Jn ihm duldet es kein anderes Paar. Fliegt ein männlicher Ullar zu, jo ſtürzt ſih der den Plaz behauptende Hahn ſofort auf den Eindringling und zwingt ihn unter lautem, faſt gellendem Geſchrei, das Weite zu ſuchen, worauf er, wie ich ſelbſt einmal ſah, die Stellung des balzenden Steinhuhnes einnimmt, das heißt, mit niedergeſenktem Kopfe, hängenden Flügeln, halb aufgerihtetem und etwas gebreitetem Schwanze eine kurze Strecke weit dahinläuft. Gleichwohl kommt es vor, daß ſih zwei Paare gegenſeitig Beſuche abſtatten. Jh fand mehrmals auf einem verhältnismäßig kleinen Raume vier Stüc, die dann ab- und gemeinſchaftlih demſelben Orte zuflogen, ſih hier aber ſogleih trennten. Freilich hatten die Paare jezt ſämtlih Junge, ein Umſtand, der bekanntlich auch bei den ſtreitſüchtigſten Hühnern zum Frieden beſtimmt. Gegen die Balzzeit hin, die hier mit den erſten Tagen des März beginnt und bis zum Ende des Monates währt, ſind die Hähne natürlich ſtreitſüchtiger als je, ſchreien jedoch, nah Verſicherung meines Gewährsmannes, eben des alten fkirgiſiſhen Jägers, auh nicht mehr als ſonſt.

Dieſes Geſchrei iſt bezeihnend für den Ullar und unterſcheidet ihn von allen anderen Feldhühnern, mag aber den Stimmlauten ſeiner Sippſchaftsgenoſſen ſehr ähnlich ſein. Der Ruf läßt ſich, weil die einzelnen Töne, mit alleiniger Ausnahme des legten, klar und beſtimmt voneinander geſchieden ſind, pfeifend ſehr gut nachahmen, nicht ſo leicht aber dur< Silben ausdrü>en. Nah meiner Auffaſſung überträgt man ſie am beſten mit den Silben — „e0riceit“, wobei feſtzuhalten, daß jeder Selbſtlauter nicht allein betont, ſondern die drei erſten auch langgezogen und nur das lebte E-it“ etwas freiſchend ausgeſtoßen wird. Dieſer, ungeachtet ſeiner niht bedeutenden Stärke auf eine Entfernung von mindeſtens einem Kilometer hörbare Ruf ſcheint nur zur gegenſeitigen Unterhaltung zu dienen; denn der Lo>ton wie der Warnungsruf ſind von ihm gänzlich verſchieden. Beim Führen der Jungen vernahm ih, nah meinem Dafürhalten nur vom Weibchen, nah Behauptung des Kirgiſen von beiden Geſhle<tern, ein dem Gattern anderer Hühner im Tone ähnelndes, jedoch langſam aufeinander folgendes „Bat bat to> to> to> ta>“ vom Männchen das offenbar zärtliche Rufen na< dem Weibchen bu> bu> bu> be> be ki> ki> kid“, wogegen der Warnungsruf ein lautes und gellendes „Tſchilli tſchilli tſi kli> fkli> kli“ iſt und das beim Kampfe mit anderen Männchen ausgeſtoßene Geſchrei wie Zzwibilir“ in meine Ohren klang. Obgleich ih alle dieſe Laute mit dem Bleiſtifte in der Hand abhörte und unmittelbar, nachdem ih ſie vernommen, niederſchrieb, auh ſo genau wie möglich wiederzugeben verſuchte, muß ich doh ſagen, daß nur das U-g-ice-it“/ das Finſ< durch die Silben „u-lui“ oder „uh-luir“ ausdrüdt, den wirflih gehörten Lauten annähernd gleihkommt, wogegen alle übrigen ſo eigentümlicher Art ſind, daß es überaus ſhwer hält, falls es überhaupt möglich iſt, ſie in Silben zu faſſen. Jn ihren Bewegungen ähneln die ſtolzen Vögel den Steinhühnern mehr als den Rebhühnern, ohne jedoch jenen zu gleichen. Der Lauf iſt raſh und behende, auch ebenſo gewandt beim Auf- wie beim Abſteigen, die Haltung dabei eine etwas gebüdte; der Flug beſteht aus einigen raſh aufeinander folgenden Schlägen, auf welche dann ein längeres