Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2
682 Sechſte Ordnung: Kranichvögel; erſte Familie: Kraniche.
Verbindung mit ihnen und ſcheinen von dieſen Verwandten zwar geduldet, kaum aber gern geſehen zu werden.
Der Pfauenkranih geht aufreht; der Rücken wird dabei wenig gekrümmt, die Krone aufgerichtet. Jn der Regel geht er langſam; geängſtigt aber kann er, wie mich flügellahm geſchoſſene belehrten, ſo ſ{hnell laufen, daß ein Menſch ſi ſehr anſtrengen muß, wenn er ihn einholen will. Vor dem Auſſtehen rennt er mit geöffneten Flügeln ein Stück auf dem Boden dahin und erhebt ſi< erſt dann in die Luft. Sein Flug iſt langſam; die Flügel werden in gemeſſenen Schlägen bewegt; der Hals wird weit vorgeſtre>t, die Krone nach hinten zurü>gelegt. Aber gerade der fliegende Pfauenkranich zeigt ſich in ſeiner vollen Pracht, weil die beiden Hauptfarben, Shwaxz und Weiß, jeßt zur Geltung kommen. Verwechſeln fann ihn derjenige, welher ihn einmal ſah, mit keinem anderen Sumpfvogel. Auch der laufende Pfauenkranich iſt eine anziehende Erſcheinung, namentli<h wenn er ſi< auf einer grünen Fläche oder zwiſchen grünem Gebüſche bewegt. Höchſt eigentümlich ſind die tanzartigen Bewegungen, die er bei jeder Erregung zum beſten gibt. Pfauenktraniche, die auf einer Sandfläche ſtehen, beginnen zu tanzen, ſo oft eine ungewöhnliche Erſcheinung ſie beſchäftigt, ſo oft einer zu dem großen Haufen ſtößt 2c. Der Tänzer ſpringt in die Höhe, niht ſelten meterho< vom Boden auf, breitet dabei die Flügel ein wenig und ſeßt die Füße tanzend nieder, niht immer beide gleichzeitig, ſondern zuweilen einen um den anderen. Ob beide Geſchlechter tanzen, weiß ih niht, glaube jedo<- annehmen zu dürfen, daß nur das Männchen ſi in dieſer Weiſe beluſtigt. Die Stimme iſt ein lauter Ruf, der durch den arabiſchen Namen des Vogels, „Rharnuk“/ ein Klangbild des Geſchreies, ziemlih rihtig wiedergegeben wird; man vernimmt ſie im Walde auf eine Entfernung von 2 km. Die Nahrung beſteht faſt ausſ<ließli<h aus Sämereien, während der Reife des Getreides nur aus Durrha oder Kafferhirſe, ſonſt aus verſchiedenen Körnern, insbeſondere aus den Samen einiger Grasarten; nebenbei nimmt der Vogel Baumknoſpen, Grasſpißen, Früchte und Kerbtiere, ausnahmsweiſe vielleiht auh Muſcheln und kleine Fiſchchen zu ſih, ohne jedo<h Entbehrung zu bekunden, wenn dieſe Nahrung ihm fehlt.
Das tägliche Leben des Pfauenkranichs iſt ſehr geregelt. Von dem Schlafplaße aus zieht er mit Sonnenaufgang in die Steppe hinaus, verweilt hier, Futter ſuchend, ungefähr 2 Stunden, erſcheint ſodann auf den Sandbänken im Strome, trinkt, pußt ſih das Gefieder und vergnügt ſich in der angegebenen Weiſe. Zuweilen wird in den Nahmittagsſtunden ein kurzer Ausflug gemacht; in der Regel jedo< genügt die Morgenmahlzeit für den ganzen Tag. Gegen Abend teilen ſich die Herden in kleinere Trupps, und dieſe fliegen nun gemeinſchaftlihen S<hlafpläßen zu. Am Blauen Nil belehrten mi die Pfauenkraniche, daß ſie nux im Walde übernachten. Einige Vorüberziehende zeigten mir die Richtung des Weges, und nachdem ih einige Minuten weit gegangen wax, vernahm ih au<h die Trompetentöne der ſchreienden Schlafgeſellſhaft. Es ging ſehr laut zu auf dem Verſammlungs8orte; aber die Töne klangen ſo ſhwac<h zu mix herüber, daß ih bald einſah, er müſſe noh in weiter Ferne ſein. Jun dex That hatte ih noch eine gute Viertelſtunde zu gehen, bevor ih den Schlafplatz erreichte. Zu meiner nicht geringen Überraſchung fand ih 30—40 Pfauenkraniche auf den Bäumen eines kleinen, rings von der Steppe umgebenen Wäldchens ſigen, keinen einzigen auf der Erde. Dieſe Wahrnehmung, die ih ſpäter wiederholt machte, beſtimmte mi zu glauben, daß die Pfauenkranihe auh auf Bäumen und niht auf dem Boden niſten. Über die Fortpflanzung ſelbſt habe ih eigne Beobachtungen leider niht ſammeln tonnen.
Schon ſeit längerer Zeit wird der ſhöne und auffallende Vogel von den Weſtafrikanern gezähmt und demgemäß auch oft na< Europa gebraht. Mein Bruder Reinhold ſah ihn in Liſſabon als halbes Haustier, wie es ſchien, ohne alle Aufſicht in den Spaziergängen und