Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Trauerſeeſ<walbe. Feenſeeſ<hwalbe. Y 101

Zum Niſtplaßze wählen ſih die Waſſerſhwalben eine geeignete Stelle inmittèn des Sumpfes oder Moraſtes. Auf ihr werden die Neſter ziemlich nahe nebeneinander angelegt, entweder auf kleinen Shlammhügelchen, die eben über das Waſſer emporragen, oder auf Gras- und Seggenbüſchen, auf <wimmenden Fnſelchen von Rohr, Schilf und andereni Wuſte, auh wohl auf den Blättern der Waſſerroſe, faſt ſtets ſo, daß die Neſter, obwohl ſie mehr oder weniger ſhwimmen, durch jede Veränderung des Waſſerſtandes gefährdet erſcheinen. Ausnahmsweiſe kommt es allerdings vor, daß ſie die Neſter zwiſchen den Blättern der Scilfbüſchel in dicht ſtehendem, hohem Nohre oder ſogar auf Strauchwerk anlegen; in der Regel aber bevorzugen ſie die Tiefe. Das Neſt ſelbſt iſt, dem Standorte entſprechend, verſchieden, hat jedo<h nie mit dem der bisher genannten Seeſchwalben Ähnlichkeit. Zur Unterlage werden immer Pflanzenſtoffe herbeigeſchleppt, zuweilen von ihnen förmliche Haufen aufgetürmt und deren Oberfläche ſeicht ausgemuldet. Tro>kene Rohr- und Schilfblätter, Grashälmen, Riſpen, Würzelchen 2c. bilden das ganze Neſt, und von einèr fünſtleri{hen Anordnung iſt nicht zu reden. Anfang Zuni findet man hier 3, ſeltener 2 oder 4, durſhnittlih 34 mm lange, 25 mm di>e, kurze, ſtarkbauchige, zartſchalige, feinkörnige, glanzloſe Eier, die auf blaß ölbraunem, mehr oder weniger gelblihem und grünlichem Grunde mit vielen grauen, dunkel rotbraunen und braunſhwarzen Fle>en, Tüpfeln und Punkten beſtreut ſind. Nach 14—16 Tagen entſhlüpfen die Jungen; zwei Wochen ſpäter, wenn ſie etwas flattern gelernt haben, verlaſſen ſie das Neſt. Jhre Eltern widmen ihnen die größte Sorgfalt und zeigen angeſichts einer ihnen drohenden Gefahr einen Mut, Der mit ihrer ſonſt bemerklihen Ängſtlichkeit im grellſten Gegenſaße ſteht. Nachdem die Fungen flugfähig geworden ſind, folgen ſie den Alten no längere Zeit auf allen Ausflügen, unter unabläſſigem Gewimmer Futter erbettelnd und ihre Ernährer oft auh no< während des Wegzuges in dieſer Weiſe beläſtigend.

Jn Ftalien ſtellt man auch dieſen Seeſhwalben nah. Jn Sümpfen, die erfahrungsmäßig von ziehenden Waſſerſhwalben beſucht werden, richtet man einen eignen Herd her, lo>t dur Aufwerfen eines weißen Lappens die Waſſerſchwalben herbei, fängt ſie und verfauft ſie nun entweder lebend an Buben, die ihnen einen langen, dünnen Faden ans Bein binden und ſi auf öffentlihen Pläßen damit beluſtigen, ſie fliegen zu laſſen, oder tôtet und rupft ſie, ha>t ihnen die Flügel ab und bringt ſie als Wildbret auf den Markt.

Mehrere ausländiſche Seeſhwalben unterſcheiden ſih dur ihre Lebensweiſe von den bisher genannten. Unter ihnen verdient die Feenſeeſ<hwalbe (Gygis alba, candida und napoleonis, Sterna alba und candida), Vertreterin einer gleihnamigen Gattung (Gy gis), zunätſt erwähnt zu werden. Sie iſt \{lank gebaut, ihr Shhnabel lang, etwas {wah und deutlich nah aufwärts gebogen, der Fittich lang, der Schwanz tief ausgeſhnitten, der Fuß kurz, mit kleinen Shwimmhäuten, das Gefieder ſeidenweih und ſilberweiß von Farbe, das Auge ſhwarz, der Schnabel am Grunde dunkelblau, an der Spiße ſhwarz, der Fuß ſafrangelb. Die Länge beträgt ungeſähr 30, die Fittihlänge 22, die Schwanzlänge 9 cm.

Dieſe au< dur ihre Schönheit ausgezeihnete Shwalbe gehört dem Stillen und Fndiſchen Weltmeere an, verfliegt ſi< zuweilen auch bis ins Atlantiſche Weltmeer, überſchreitet die Wendekreiſe jedoh in der Regel niht. Sie bewohnt die Küſten aller innerhalb des vorſtehend umſchriebenen Gürtels gelegenen Fnſeln und tritt überall in Menge auf. Sie hat die Aufmerkſamkeit aller nicht ganz gleichgültigen Reiſenden auf ſih gezogen, wenn auh vielleicht niht alle in derſelben Weiſe denken mögen wie Darwin, der ſagt, daß wenig Einbildungskraft dazu gehöre, um anzunehmen, „in einem fo leichten und zarten Leibe verberge ſi ein wandernder Feengeiſt“. Die Reinheit ihres Geſieders und die Anmut ‘des