Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Tordalk. Elſteralï. Rieſenalk. 133

auf das Meer hinab, oder rollt ſi an den Bergwänden hernieder, bis es das Waſſer erreicht; die Eltern folgen, ſ{hwimmen neben ihm, lehren es tauhen und ſeine Nahrung aufſuchen und begleiten es, wenn es ſelbſt freſſen gelernt hat, noc einige Zeit lang, ohne es jedoh zu füttern. Wird dem Paare ſein Ei genommen, ſo legt es ein zweites, auch wohl ein drittes; das aus leßterem ſ{<lüpfende Junge iſt aber meiſt ein Schwächling.

Beim Sturze vom Felſen verunglücken viele Tordalken: an einzelnen Vogelbergen findet man in der betreffenden Zeit den Fuß der Felſen regelmäßig mit Leichen bede>t. Solche, welche zu frühzeitig den Sprung waglken oder durch irgend ein Mißgeſchi> hinabgerollt wurden, gehen ebenfalls zu Grunde, weil ſie wohl zu ſ{wimmen, niht aber zu tauchen verſtehen und die Eltern zu ungeſchi>t ſind, ſie auf dem Waſſer zu füttern. Außerdem ſind Alte und Junge denſelben Gefahren ausgeſeßt und werden von denſelben Feinden bedroht wie die Verwandten.

No im Anfange unſeres Jahrhunderts lebte im hohen Norden ein wunderbarer Vogel; gegenwärtig iſt er wahrſcheinlich bereits gänzlih ausgerottet und zwar infolge von Nachſtellungen, die er von ſeiten des Menſchen exleiden mußte. Und wenn er wirklich an einem uns unbekannten Orte noh leben ſollte, ſo ſteht, wie Newton ſehr rihtig ſagt, doh ſo viel feſt, daß ſeiner Wiederauffindung der Untergang auf dem Fuße folgen müßte. Früher diente dieſer Vogel den Jsländern und Grönländern zur Speiſe, gegenwärtig wiegt man ſeinen Balg mit Gold auf.

Der Rieſen- oder Brillenalk (Plautus impennis, Alca und Pinguinus impennis) iſt mit Recht zum Vertreter einer beſonderen Gattung (Plautus), der wir den Namen Stummelalk geben wollen, erhoben worden. Fhn kennzeihnen außer bedeutender Größe namentlih die verkümmerten Flügel, die zwar no< Schwingen beſißen, weil alle Federordnungen der Vogelflügel, obſchon unvollkommen, vorhanden ſind, die zum Fliegen jedoh niht befähigen. Der Schnabel iſt geſtre> Und von der Wurzel an bis zur Spite in ſanftem Bogen gekrümmt, am Unterkiefer ſeiht nach innen ausgewölbt, ſehr hoh, aber äußerſt ſchmal: die Schneiden bilden vom Mundwinkel bis vor das Naſenloch faſt eine gerade Linie, die weiterhin ſih etwas aufſhwingt und an der Spitze wieder herabſenkt; die Schnabelladen ſind vorn mehrfah, am Oberkiefer 6—7mal, am Unterkiefer 9—10mal gefurcht. Die Füße unterſcheiden ſih in ihrem Baue niht von denen der Alken, und ebenſo hat das Gefieder dieſelbe Beſchaffenheit, der Shwanz auch dieſelbe Anzahl von Steuerfedern. Unſer Rieſenalk hat ungefähr die Größe einer Gans; ſeine Länge beträgt etwa 90 cm. Von der Breite kann, der verkümmerten Flügel halber, kaum geſprochen werden; die eigentliche Fittichlänge ſhwankt zwiſchen 17 und 20, die Schwanzlänge zwiſchen 8 und 9 cm. Das Gefieder iſt auf der Oberſeite glänzend ſhwarz, an der Kehle ſ{<hwarzbraun; ein länglihrunder weißer Fle>en vor und über dem Auge, die Unterſeite ſowie ein Spigzenſaum der Armſchwingen ſind weiß. Fm Winterkleide nimmt leßtere Färbung auh die Kehlgegend an; im Jugendkleide erſtre>t ſie ſih teilweiſe über die Kopfſeiten. Schnabel und Füße ſind {hwarz.

Bis in die neuere Zeit nahm man an, daß unſer Vogel den nördlichſten Meeresteil der Erde bewohnt habe oder bewohne; aus Wolleys Unterſuchungen geht das Gegenteil hervor, und Steenſtrups Befunde beweiſen, daß er in vorgeſchichtli<her Zeit ſehr zahlreich an den däniſchen Küſten gelebt haben muß. Nichts kann uns verbürgen, daß der Rieſenalk jemals Spitbergen beſucht hat, und ebenſowenig iſt er im hohen Norden Amerikas gefunden worden. Ein Stü, das aus Labrador ſtammt, befindet ſi, laut W. Preyer, im