Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Lummen. Krabbentaucher. Y 145

der unerſättlichen Shüßen vermehren, mane kehrte von dem auf ſie gerichteten Feuer erſchre> um nach dem freien Meere. Wenn einmal eine ſolche in der Nähe der Felswand ihr lo>endes ,Hra hra‘ ausſtieß, dann antworteten viele Stimmen auf den Geſimſen mit , fillip‘ und verrieten, daß noch ziemlich viele Junge da oben ſißen mußten und darunter der dünnen Stimme nah noch ret zarte. Einzelne ſah man in den verödeten Gängen herumtrippeln. Das Schi>ſal der zurü>gebliebenen Waiſen war jedenfalls ein klägliches, denn für die meiſten Schreier kam nicht die ſorgende Mutter, ſie zu wärmen und zu nähren; Hunger, Kälte und Tod waren ihr Los. Die Helgoländer aber {<mauſen einige Tage hindur<h Lummenbraten, denn das Fleiſch dieſer Vögel wird, wie ſelbſt das der Möwen, von den Fnſelbewohnern, die außer dem Fleiſche der Fiſche und Zugvögel ſolches von Schlachttieren nur von Kuxhaven oder Hamburg beziehen, da größere Tiere auf der JFnſel nicht gehalten werden können, gern gegeſſen. Es iſt von dunkler Farbe und hat gut zubereitet einen eignen, an Enten erinnernden, niht unangenehmen Wildgeſ<hma>, wie wir ſelbſt uns überzeugten.

„Helgoland hat jeßt ſeinen naturgemäßen Anſchluß an unſer Vaterland gefunden, und ſo hoffen wix, daß auch der Gebrauch, die friedlihen und unſhädlichen Lummen an ihrer Brutſtelle zu überfallen und haufenweiſe zuſammenzuſchießen, aufgehoben werde. Möge man die Jagd auf ſie vom 24. Juli an geſtatten, aber niht diht unter dem Brutfelſen, ſondern vom Meere aus, in beſtimmter Entfernung von der Fnſel.“

Gefangene Lummen, die ih pflegte, gingen ohne Umſtände an das Futter und ſchienen zwiſchen kleinen Fiſhen und Krabben keinen Unterſchied zu machen. Mehrere Stunden täglih vergnügten ſie ſich mit Shwimmen auf dem Waſſer; zum Tauchen aber entſchloſſen ſie ſi< niht. Wenn ſie ermüdet waren, begaben ſie ſih auf das Land und drängten ih hier ſo diht zuſammen, daß ſie nur einen einzigen Haufen bildeten. Niemals rutſcten ſie auf der Fußwurzel fort, gingen vielmehr ſtets auf den Zehen und nahmen nur zuweilen ihre Shwingen zur Hilfe; dann bewegten ſie ſi tänzelnd, höchſt zierlich, überraſchend ſchnell und gewandt. Jn den lebten Fahren bot ſih im Aquarium zu Berlin vielfah Gelegenheit, die Tauh- und Shwimmkunſt von Lummen ſehr ſchön durch die Glasſcheibe eines ihnen angewieſenen Waſſerbehälters zu beobachten.

Die Forſcher, welche die kleinſte aller Lummen, den Krabbentaucher (Mer gulus alle, melanolenucos und arcticus, Alca, Uria, Cepphus und Arctica alle), lebend ſahen, drü>en ſih übereinſtimmend dahin aus, daß dieſer Vogel zu den anmutigſten Kindern des Meeres gezählt werden muß. Durch den kurzen und di>en, oben gewölbten, an der Schneide ſehr eingezogenen, vor der ſcharfen Spie mit einem Einſchnitte verſehenen Schnabel, der bei alten Vögeln no< Furchen vor den eirunden Naſenlöchern zeigt, unterſcheidet er ſich von ſeinen Familienverwandten, denen er im übrigen ähnelt, und erſcheint uns gewiſſermaßen als ein Übergangsglied zwiſchen den Lummen und Alken. Das Gefieder iſt auf der Oberſeite dunkel- am Vorderhalſe mattſchwarz, auf der Unterſeite weiß, in der Schenkelgegend braunſhwarz längs geſtreift; die Handſhwingen und Steuerfedern ſind ſ{hwarz, die Armſchwingen am Ende breit weiß geſäumt, die Achſelfedern ſ{<mal weiß umrandet. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel matt-, der Fuß bläulihſhwarz. Fm Winterkleide iſt auh die Kehle weißlih und der Hals tiefgrau. Die Länge beträgt 25, die Breite 42, die Fittichlänge 13, die Shwanzlänge 83 cm.

Die Grönlandsfahrer nennen den Krabbentaucher, der ſonſt au<h no< Alklumme, Rott und Murr heißt, den Eisvogel, weil ſein maſſenhaſtes Auftreten gewöhnlich die Nähe großer Eismaſſen andeutet. „Zweimal“, ſagt Holböll, „bin ih vom Eiſe eingeſhloſſen geweſen, und beide Male ſah ih zahlloſe Vögel dieſer Art ſtets in großen

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. FL. 10