Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

146 Siebente Drdnung: Suchv ó gel; vierte Familie: Flügeltaucher.

Haufen nach Norden ziehen.“ Andere Beobachter bemerkten den Krabbentaucher, ſoweit ſie nach Norden vordrangen: Parry fand ihn noch jenſeits des 82. Grades nördlicher Breite, zwiſchen dem 81. und 82. Grade aber in Menge. Um Spißbergezn, Fan Mayen, Nowaja Semlja iſt ex gemein, in Grönland häufig; auf Fsland kommt er ſtellenweiſe vor; weiter nach Süden hin gehört er zu den Seltenheiten, obgleich einzelne ebenfalls bis an unſere Küſten oder die Großbritanniens, Hollands und Frankreichs verſchlagen wurden, ja bei Helgoland alljährlih einige im Winter vorkommen follen. Möglich, daß der Vogel, mit dem Meere vertrauter als irgend ein anderer, weitere Wanderungen unternimmt, als man bis jeßt geglaubt hat, möglich alſo, daß wir ihn keineswegs im ſtrengen Sinne als Standvogel anzuſehen haben. Auch er nähert ſi<h dem Lande freiwillig bloß, um zu brüten, oder nah längeren Stürmen im Winter; bei gewöhnlichem Verlaufe der Dinge, auch bei ſehr hohem Wellengange, ſhwimmt er wohlgemut auf den bewegten Wogen, ſ<läft auf ihnen, den Schnabel zwiſchen den Schulterfedern verborgen, kurz, fühlt ſi{< im Meere überall heimiſch, wo er ſih au< befinden möge.

Unter den Flügeltauchern iſ der Krabbentaucher ‘der beweglihſte, munterſte und gewandteſte. Er geht auf den Zehen, verhältnismäßig raſh und geſchi>t, wenn auh mit fleinen trippelnden Schritthen, huſcht behende zwiſchen den Steinen umher oder kriecht wie eine Maus in die Klüſte, ſhwimmt und taucht mit einer ſelbſt in ſeiner Familie außerordentlichen Fertigkeit, verweilt 2 Minuten und darüber in der Waſſertiefe und erträgt alle Unbill des Wetters lange Zeit, bevor er ermattet. Jm Fluge ähnelt er mehr als ſeine Verwandten einem Kerbtiere, weil die kleinen Schwingen noh raſcher bewegt werden. Vom Waſſer wie vom Lande erhebt er ſich leiht und ohne Mühe, und ebenſo gewandt fällt er wieder ein. Die Stimine ſcheint ſehr mannigfaltig zu ſein, da die Beobachter ſie verſchieden wiedergeben, die einen durch die Silbe „gief“, die hellpfeifend klingen ſoll, die anderen durc die Laute „trr trr tet tet. tet“. Scharen, die man bei Nebelwetter im Meere antrifft, vernimmt man ſchon viel eher, als man ſie zu ſehen bekommt, wie ſi denn überhaupt der Krabbentaucher dur Lebhaftigkeit und Regſamkeit ſehr zu ſeinem Vorteile auszeihnet. Jm übrigen bekundet er ſich in ſeinem Weſen als e<te Lumme, zeigt ſich alſo ebenſo friedliebend, ebenſo ſorglos und unüberlegt wie die Verwandten.

Die Nahrung ſcheint vorzugsweiſe aus kleinen, nahe der Oberfläche lebenden Krebstieren zu beſtehen; denn nur zuweilen findet man Überreſte von Fiſchen im Magen. Bei ihrer Jagd ſieht man die Krabbentaucher, über eine große Fläche des Meeres zerſtreut, eifrigſt ſchwimmen, tauchen, mit raſchen Bewegungen des Kopfes Beute verfolgen und immer etwas aufnehmen.

Auf hochnordiſchen Fnſeln rotten ſi dieſe Vögelchen während der Brutzeit ebenfalls zu unſhäßbaren Scharen zuſammen. An den Küſten Spibbergens ſieht man ſie, laut Malmgren, überall in großer Menge und vernimmt von den Bergſeiten, die ſie ſich erwählt haben, Tag und. Nacht ihr ununterbrochenes Geſchrei bis auf eine halbe Seemeile weit von der Küſte; in der Nähe Jslands brüten ſie, laut Faber, nur auf einer Stelle, auf der nördlihſten Spitze der kleinen Fnſel Grimsö. Jedes Pärchen ſucht tief unter Den niedergefallenen Felsſtü>en eine paſſende Niſtſtelle und legt hier ſein etwa 50 mm langes, 35 mm dites, weißes, bläulih ſ{<himmerndes, ſelten ſhwach rötlich gefle>tes Ei. „Am 17. Zuni“, erzählt Faber, „wälzte ih nachts um 12 Uhr mit einigen Bewohnern der Fnfel die Steine weg, welche die Brutvögel verbargen, und griff zehn auf den Eiern ſißende Krabbentaucher, die, wie ih beim Zerlegen fand, alle Männchen waren. Sie gaben mir einen rührenden Beweis der Liebe, die au<h die Männchen dieſer Vögel an ihre Cier bindet. J<h hatte nämlich 3 Tage vor dieſem Unternehmen den Brutplaß ebenfalls beſfu<t und einen Vogel flügellahm geſchoſſen; er verbarg ſi aber behende zwiſchen den Steinen,