Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

158 Siebente Ordnung: Suchvögel; ſechſte Familie: Trappen,

„Meine Trappen waren nicht im mindeſten ſcheu, und ih konnte ſie, nur wenig den einen Flügel beſchnitten, frei laufen laſſen; ſie waren ſo klug, dem großen Verkehre auf dem Fabrikhofe auszuweihen. Mit den vielen Arbeitern waren ſie gute Freunde und erhielten bei deren Mahlzeiten oft einen wohlgemeinten Biſſen. Nur zwei Männer kannten ſie unter den vielen heraus und griffen ſie ſtets wütend an, ſowie ſie ſie ſahen; ih erfuhr ſpäter, daß die beiden die Trappen einſt geſhlagen. Auch ſonſt hat mich das Gedächtnis meiner Pfleglinge oft überraſht. F< will nur erwähnen, daß ein Hahn im Berliner zoologiſchen Garten, von mir dorthin geſchenkt, nah 5 Monaten von mir beſucht, auf den Nuf ſeines Namens eiligſt zu mir an das Gitter kam.

„Des Nachts ſchliefen meine Trappen in einem tro>enen Stalle, den ſie aber auh bei dem \{<le<teſten Wetter am Tage nicht aufſuchten. Für den Winter ſäete ih ihnen ſtets ein Stück Naps im Garten an, der ihnen dann neben Kartoffeln und Brot die einzige Nahrung bot. Fleiſch habe ih im Winter abſihtli<h nur ganz ausnahmsweiſe gefüttert, weil ih die Erfahrung machte, daß die rei<h und mit Fleiſch genährten im darauf folgenden Frühjahre ſtets Herzſchlag bekamen; dazu geſellte ſich Rheumatismus mit vielen Schmerzen, und meine lange gepflegten Lieblinge ſtarben dann jedesmal.

„Wenn meine Trappen ein Jahr alt waren, fingen im Frühjahre die Hähne an zu balzen und bewegten ſi< luſtig in dem großen Raume halb fliegend, halb laufend umher. Jh bin überzeugt, daß ſi<h meine Pfleglinge auch fortgepflanzt hätten. Doch als ich die paſſende Altersklaſſe zuſammen hatte, mußte ih meinen Wohnort verlaſſen, und habe auch bis jeßzt keine angemeſſene Gelegenheit gefunden, meine Verſuche in dieſer Beziehung weiterzuführen, glaube aber gewiß, daß ſie gelingen werden.“

Der Trappe, den man zur hohen Jagd zählt, wird überall eifrig verfolgt. Jn früheren Zeiten bediente man ſich zu ſeiner Jagd der ſogenannten Karrenbüchſe, einer wahren Höllenmaſchine, die aus vielen verbundenen Büchſenrohren beſtand, aber ihrer Schwere halber nur von einem Wagen aus gehandhabt werden konnte. Geübte Jäger lieben es, ſi< während der Balzzeit an umherſtolzierende Hähne anzubirſchen und ſie mit der Kugel zu erlegen; dabei verkleiden ſie ſi< au< öfters als Feldarbeiter mit Kiepe oder Schubkarren, oder nehmen einen A>ergaul, auf dem ſie anreiten, oder hinter dem ſie fih beim Angehen de>en. Andere verſuchen eine Trappenſchar zu überliſten, indem ſie ſi< auf einem mit Strohbunden 2c. umſeßten Wirtſchaftswagen ſcheinbar vorbei-, aber do< mögli<ſt nahe hinanfahren laſſen. Wo man die Gewohnheiten, namentlih die Zugſtraßen der Trappen kennt, ſut man ſie dur< Treiben zu erbeuten, d. h. ſie in ſolcher Richtung aufzuſcheuchen, daß ſie über eine wohl verborgene Schüßenkette hinwegziehen. Auf Feldflächen, wo es hier und da natürliche, den Trappen nicht verdächtige De>ungen gibt, lohnt fi<h man<mal au<h der Anſitz. Junge Trappen ſchießt man bei uns übrigens gar nicht ſelten auf der Suche vor dem Hunde und bei der Hühnerjagd. Jn der ruſſiſhen Steppe hebt man die Trappen nicht ſelten mit Windhunden, in Aſien beizt man ſie mit Edelfalken oder gezähmten Steinadlern. Auch wartet man nebeliges Froſtwetter ab und reitet dann auf friſchen Pferden in die Steppe hinaus, um Trappen zu jagen; ſoles Wetter überzieht nämlich ihre Flügel mit einer Eisfruſte und hindert ſie an deren Gebrauche. Bei ſehr ſtrenger Kälte ſollen die Trappen, laut Külz, zuweilen haufenweiſe die Wohnungen der einſam wohnenden Tataren aufſuchen und hier ohne Mühe ergriffen werden. Fallen und Schlingen, die man hier und da ſtellt, führen ſelten zum Ziele. Mehr als der Menſch ſchaden die vierfüßigen und geflügelten Räuber, die im ſtande ſind, einen alten zu bewältigen oder die unbehilflihen Jungen ungeſtraſt wegzunehmen.

Das Wildbret der Trappen wird oft mit Unrecht ſhle<t genannt. Gut zubereitet, liefern die Jungen einen vortrefflichen Braten, und auch die älteren Stücke, die man oft, um