Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Großtrappe: Fortpflanzung. Zähmbarkeit. Gefangenleben. 157

Erbſenpflanzen. Etwa 1 Monat nah dem Ausſchlüpfen ſind ſie fähig geworden, ein Stück weit zu flattern; 14 Tage ſpäter fliegen ſie bereits ziemlich gut, und nunmehr durchſtreifen ſie mit den Eltern weitere Stre>>en.

Um Trappen zu zähmen, muß man ſie jung einfangen, denn alte ertragen den Verluſt ihrer Freiheit {<wer. Beſonders geübte Züchter kaufen Hirten gefundene Eier ab und laſſen dieſe von Hühnern oder Putern ausbrüten. Zerſtückelte Heuſchre>en, Mehlwürmer, Brö>kchen von dem Fleiſche zarter Küchlein bilden die Nahrung der ſoeben aus dem Eie gefommenen Trappen, etwas derbere Fleiſchkoſt das Futter älterer, bis ſchließli<h Grünzeug, G. Elsner empfiehlt beſonders für den Winter Raps, und Körner gereiht werden können. Die Ernährung ſelbſt verurſacht alſo kaum Schwierigkeiten ; dieſe aber beruhen darin, daß die Trappenküchlein höchſt empfindlich gegen die Näſſe ſind und demzufolge ſtets ſehr warm und tro>en gehalten werden müſſen. Haben ſie ſih erſt an ein paſſendes Erſabfutter gewöhnt, ſo halten ſie ſih, ohne eigentlich ſorgfältige Abwartung zu verlangen, jahrelang, und zwar um ſo beſſer, je größer der für ſie beſtimmte Naum iſt und je mehr man ſie ſih ſelbſt überläßt. Ein Stallleben vertragen ſie nah meinen Erfahrungen niht, müſſen vielmehr Sommer und Winter im Freien bleiben. Nur darf man ihnen niht etwa einen gepflegten Garten einräumen, weil ſie den Anlagen übel mitſpielen. Ein Trappe, mit welhem man ſih viel beſchäftigt, lernt ſeinen Pfleger kennen und von anderen Menſchen unterſcheiden, folgt ſeinem Rufe, kommt an das Gitter heran, kann es aber nicht leiden, wenn man ſein Gehege betritt, ſtellt ſih dann kühn dem Menſchen entgegen, erhebt ſeinen Shwanz, lüftet die Flügel etwas, ſtößt das oben erwähnte „Pſäärr“ aus und ſucht dur wohlgezielte Sqchnabelhiebe zu ſ{hre>ten. Mit anderen Vögeln, Auerhähnen zum Beiſpiel, hält er gute Freundſchaft, läßt ſih jedoh nichts gefallen und weiſt Angriffe ernſtlich zurü>. Zur Fortpflanzung hat man, ſoviel mir bekannt, gefangene Trappen noch nicht ſchreiten ſehen; es läßt ſih jedo< annehmen, daß man früher oder ſpäter auch ſie züchten wird.

Zn dieſer Hinſicht ſind die von G. Elsner angeſtellten langjährigen Verſuche ſehr lehrreih. „Nur im Alter bis zu höchſtens 14 Tagen“, ſchreibt unfer Gewährsmann, „eignen ſi die Trappen zur Aufzucht; ältere eingebrachte grämen ſich ſtets, auh in Gemeinſchaft an die Gefangenſchaft gewöhnter, zu Tode. Es iſt mühſam, bei dem ganz jungen Trappen die Stelle der Mutter zu vertreten, ihnen alles vorzuhalten und das oft am Tage in kleinen Gaben und furzen Zwiſchenräumen. Für die erſten Lebenstage reichte ih ſaftiges, weiches, rohes Fleiſh von Tauben, begann nah einigen Tagen mit Zugabe von hartz gekochtem Eie und etwas Grünem (Kreuzkraut). Jm Alter von 3 Wochen gab ih zerſtückelte Sperlinge mit Federn und Knochen, worauf nach kurzer Zeit ganze Sperlinge verſchlungen wurden. Ein Leckerbiſſen ſind Mäuſe, bei weiterem Fortſchritte auh Ratten, und die Trappen verſchlingen dies alles, den Kopf voran, der vorher nur dur Schnabelhiebe eingeſ<hlagen wird. Auch wenige gequellte Erbſen ſind eine gute Beigabe. Auf einem großen Hofe mit Raſen und Gemüſegarten ſuchen ſih die 3—4 Monate alten Trappen ihre Nahrung faſt vollſtändig allein; man gewöhnt ſie nur leichter an den Menſchen dur<h Darreichen von Leerbiſſen, guter Fleiſchteile 2c. Die klugen und befähigten Tiere werden ſehr zahm, unterſcheiden den Pfleger von den Übelwollenden genau, und vertragen ſih mit den gefiederten Genoſſen aller Art; nur kleine Küchelhen muß man vor ihnen ſhüßen. Sie folgen von weit her dem Rufe der bekannten Stimme, und melden ſich durc klagende Laute vor dem Fenſter, aus welchem das Futter geſpendet wird. Auf meinem Hoſe lebten einmal vier ſhöne Trappen in ſteter Eintracht mit mehreren gut dreſſierten Hühnerhunden. Bei den Mahlzeiten wußten ſie genau, daß ſie die bevorzugten waren, und die Hunde wurden ſo lange dur<h Schnabelhiebe abgewehrt, bis ſie lernten, geduldig zu warten und Nachleſe zu halten, wenn ſich die geſättigten entfernt hatten.