Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Edelfalken. Jagdfalke. Polarfalke. 215

müſſen, und deshalb herrſcht in allen Lehrbüchern hinſichtlih unſerer Vögel arge Verwirrung. Jh glaube, daß man zwei Arten anerkennen darf, was freilich keineswegs aus\{ließt, daß ſie ſi zuguterlezt doh als Unterarten desſelben Vogels herausſtellen können. Beide aber vermögen wir wenigſtens in allen Kleidern mit einiger Beſtimmtheit, im Alterskleide mit vollſter Sicherheit zu unterſcheiden, und beide ſcheinen auch in den Verhältniſſen einigermaßen, obſchon wenig, abzuweichen.

Das Gefieder des Jagdfalken (Falco candicans, arecticus, islandus, islandicus, groenlandicus und holböllii, Hierofalco arcticus, islandicus, groenlandicus und holböllii) iſ rein weiß, mehr oder weniger mit düſter ſchwarzbraunen Fle>en gezeihnet, die faſt vollſtändig verſhwinden können, wenn vorhanden, aber am Ende der Federn des Kleingefieders entweder tropfen- oder pfeilſpißenartige Form haben. Das von einem na>ten grünlichgelben Ringe umgebene Auge-iſt braun, der Schnabel bei alten Vögeln gelblichvlau, dunkler an der Spibe, gelb auf der Wachshaut, der Fuß im Alter ſtrohgelb, in dev Fugend blau.

So gefärbte und gezeichnete Falken werden als Brutvögel ausſcließli< in den höchſten Breiten, erwieſenermaßen in Nordgrönland und Nowaja Semlja, gefunden und berühren den Süden Grönlands, Nordisland, den Nordrand Oſtaſiens wie den höchſten Norden Amerifas nur während des Winters. Sie insbeſondere hat man mit dem Namen Pola rfalken (Falco areticus) bezeichnet, und von ihnen die auf Jsland und in Südgrönland ſowie auch die auf Labrador lebenden, durchaus gleih gebauten Fagdfalken als beſondere Arten unterſchieden. Nun bemerkt aber Hol böll, der mehrere Fahre ſeines Lebens in Grönland zubrate und der dortigen Vogelwelt ſorgfältigſte Aufmerkſamkeit widmete, ausdrü>li<, daß der Jagdfalke, in Grönland die gemeinſte Art ſeiner Familie, gleich häufig im Süden wie im Norden des Landes auftrete, aber ſehr verſchieden an Farbe ſei und vom Weiß mit einzelnen dunkeln Fle>en bis zum faſt einfarbigen Dunkelblaugrau abändere. „Dhne Zweifel“, ſagt er wörtlih, „hat das Alter einigen Einfluß auf dieſe Verſchiedenheit; denn man findet faſt keine weiße Jungen. Aber es iſt doch ein Unterſchied in der Färbung nicht allein bei den Neſtjungen, ſondern auch bei den brütenden Vögeln, von welchen angenommen werden muß, daß ſie dasjenige Kleid haben, welches ſie durchs ganze Leben behalten. J<h habe mehrere brütende Paare geſehen, von welchen der eine Vogel hell, der andere dunkel war und ſowohl hell gefärbte als dunkle Männchen beim Neſte erlegt. Nur ein einziges Maï erhielt ih ein Falkenneſt mit vier Fungen, von welchen das eine blaugrau faſt ohne Abzeichen, die anderen dagegen ſehr hell mit hellbraunen Streifen waren. Ferner habe ih viele junge Falken ſelbſt erlegt, die dieſelbe Farbenverſchiedenheit darboten und unter den hellen ſowohl Männchen als Weibchen gefunden. Die freilich ſeltenen Fälle, in welchen ih dergleihen Beobachtungen anſtellen konnte, veranlaſſen mich zu der Annahme, daß die weiße Färbung in Nordgrönland vorherrſhe, während in Südgrönland mehr dunkle Falken ausgebrütet werden.“ F< glaube, daß die ausgeſprohene Annahme Holbölls die anſcheinend ſo verworrene Frage vollſtändig löſt, daß alſo die weißen Jagdfalken alte Vögel des höchſten Nordens und die oberſeits licht ſchieferblauen, dunkler gefle>ten, unterſeits weißen, an der Bruſt in die Länge, an dem Halſe in die Quere gefle>ten Fagdfalken alte Vögel minder hoher Breiten ſind, die dur< Längs- und Querfle>en bewirkte Zeichnung aber den einen wie den anderen zukommen kann. Mit zunehmendem Alter mag es geſchehen, daß auh einzelne von den Jagdfalken ſüdlicherer Gegenden weiß werden, während in der Regel nur die aus dem höchſten Norden ſtammenden ein Schneekleid anlegen, aus dem die dunkleren Fle>en oder Bänder, die bei jüngeren Vögeln der ganzen Oberſeite eine getüpfelte, dem Schwanze eine gebänderte Zeihnung verleihen, zulegt faſt gänzlich

verſhwinden. Bei jungen Vögeln der nördlichen wie der ſüdlichen Jagdfalken iſt die