Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

924 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; erſte Familie: Falkenvögel,

mindeſten um die Schreihälſe zu bekümmern, auf den nächſten, etwas erhabenen, tro>enen Plab, um es zu kröpfen. Zuweilen kreiſt er auh hoch in den Lüften und ſtürzt ſih wie ſpielend auf hin und her ſtreichendes Sumpfgeflügel , ſeinen Flug erſt beſhleunigend, wenn er die Beute gehörig ins Auge gefaßt hat. Lettere entgeht ihm ſelten, obgleich der Sukhr bei ſeiner Jagd viel weniger haſtig und ungeſtüm zu Werke geht als ſeine Verwandten. Während der wärmeren Tageszeit bäumt er und zieht mit einbrehender Abenddämmerung ruhigen, geraden, etwas ſ{hleppenden Fluges ſeinem Nachtſtande zu.“ J< darf dieſer Schilderung unter der Maßgabe beiſtimmen, daß ſie au<h meinen Beobachtungen über das Winterleben des Wanderfalken in jeder Beziehung entſpriht. „Zur Gazellenjagd“/ fährt von Heuglin fort, „läßt ſih nur der Würgfalke verwenden; die übrigen Edelfalken ſtoßen meiſt zu gewaltig und töten ſih oft ſelbſt dur< Zerſchellen des Bruſtbeines. Aus dieſem Grunde bezahlt man gut abgerichtete Würgfalken mit außerordentlichen Preiſen.“

Bei unſeren Fallnern ſtand der Würgfalke in hohen Ehren und wurde dem Gerfalken faſt gleih geſägt. GeSsner beſchreibt ihn unter dem Namen „Sa>er“ oder „Kuppelaar“ und beweiſt dur ſeine Darſtellung, daß der Vogel ſchon um die Mitte des 16. Jahrhunderts das Mißgeſchi> hatte, unter verſchiedenen Namen aufgeführt zu werden: „Von den adelichen Fal>en wirt der erſte Falco Britannicus und Sacer, Aelius, Aeriphilus und mit viel andern Namen genennt.“ — „Wir haben ohnlangſt verſtanden“, fährt unſer alter Freund fort, „daß Maximilianus, der Keyſer, etlihe aus den ſeinen zu hinderſt in Poland geſchi>t habe, daß ſie diß Fal>engeſ<hle<t auß jhren eignen Neſtern genommen jm zubrachten, welche ſie an dieſen Orten auff nidern Bäumen niſtend gefunden haben. Auß welchem man leichtlih abnehmen mag, daß ſie nicht den fleinen, ſondern allein den großen Vögeln auffſeßig ſind. — Der Sa>erfal>en (ſpricht Tardinus) ſind drey Geſchlecht. Das erſte nennen die Aſſyrier und Babylonier Seph, das findet man in Egypto gegen Nidergang, und in Babylone, das fahet Haſen und Hindlein. Das ander Geſchleht Semy, von welchem kleine Nehbö>lein gefangen werden. Das dritte Hynaion oder Strichling: darumb daß man nicht weiß, wo er geboren werde. Er zeucht auch alle jar gegen Mittag. Er wirt in den Fnſeln, gegen Auffgang gelegen, gefangen, als in Cypro, Creta und Rhodo: wiewol man ſie au auß RNeuſſen, Tartarey, und von dem großen Meer zu uns bringet. Der wirdt für den adelihſten gehalten, ſo von farb rot, oder taubengraw und von form und geſtalt dem Fal>en ähnlich iſt, der eine dide Zungen, und breite Füß hat, welches man an wenig Saerfal>en findet, dike Zeehen und heiter himmelblaw geferbt. Dieſer Vogel mag under allen Raubvögeln für auß Arbeit erleiden, iſt darzu gütig und milt: er verdäwet au< [eichtlicher harte und die ſpeiſen. Er raubt groſſe Vögel, wilde Gänß, Kränch, Reigel, und fürauß vierfüſſige Thiere, als Rehböcklein und dergleichen.“ Vorſtehende Worte beweiſen wenigſtens das eine, daß die Schriftſteller, denen Gesner ſeine Mitteilungen entnahm, keinen anderen als den Würgfalken meinen können.

Unſer Wanderfalke (Falco peregrinus, communis, orientalis, hornotinus, calidus, lunulatus, abietinus, pinetarius, gentilis, cornicum, anatum, griseiventris, micrurus, leucogenys, atriceps und brookii), auh wohl BVerg-, Wald-, Stein-, Beiz-, Kohl-, Blau- und Tannenfalke, Shwarzba>ken und Taubenſtoßer genannt, unterſcheidet ſih von den Fagdfalken durh geringere Größe, verhältnismäßig kleineren und ſtärker gebogenen Schnabel, die minder weit befiederten Fußwurzeln und einen im Verhältnis zu den Flügeln kürzeren Schwanz. Er iſt auf der ganzen Oberſeite hell ſchiefergrau, mit dunkel ſchieferfarbigen, dreie>igen Fle>en bandartig gezeihnet. Die Stirn iſt grau, die Kehle, dur<h ſ<hwarze Baenſtriche eingefaßt, wie die Oberbruſt weißgelb, die Unterbruſt wie der Bauch lehmrötlichgelb, erſtere braungelb geſtrichelt und durch rundlich