Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Turmfalke: Verbreitung. Aufenthalt. Weſen. 251

hier an aber mit Querfle>en gezeihnet; ſein Shwanz auf graurötlihem Grunde an der Spiße breit und außerdem {mal gebändert, nur der Bürzel rein aſchgrau. Auf der Unterſeite ähnelt die Färbung der des Männchens. Die Fungen tragen das Kleid der Mutter. Die Länge beträgt 33, die Breite 70, die Fittihlänge 24, die Schwanzlänge 16 ecm. Das Weibchen iſ um 2—8 em länger und um 3—(4 em breiter als das Männchen.

Von Lappland an bis Südſpanien und von den Amurländern an bis zur Weſtküſte Portugals fehlt der Turmfalke keinem Lande, feinem Gaue Europas und Aſiens. Er lebt in Ebenen wie in gebirgigen Gegenden, gleichviel, ob ſie bewaldet ſind oder nicht; denn er iſt ebenſowohl Felſen- wie Waldbewohner. Jm Süden unſeres Erdteiles tritt er häufiger auf als im Norden, fehlt hier jedoch keineswegs. Fn Sibirien hat ihn von Middendorf noh unter dem 71. Grade nördlicher Breite erlegt, und Collett gibt 69 Grad 40 Minuten als den nördlihſten Punkt an, wo er bisher in Skandinavien beobachtet wurde. Von dieſen Breiten an bis Perſien und Nordafrika, einſchließli<h Madeiras und der Kanariſchen Fuſeln, iſt er Brutvogel. Auf ſeinem Zuge überfliegt er das Schwarze und das Mittelländiſche Meer, ſucht bei heftigen Stürmen nötigen Falls auf Schiffen Zuflucht, ruht einige Stunden, vielleicht tagelang, am jenſeitigen Ufer aus und wandert nun weiter bis nah Südaſien und bis tief ins innere Afrika. Demungeachtet überwintert er, wenn auh niht gerade regelmäßig, ſo doh nict allzu ſelten, einzeln in Deutſchland, häufiger ſhon im Süden un: ſeres Vaterlandes oder in Öſterreich, beiſpiel8weiſe im Salzkammergute, alljährlich bereits in Südtirol und auf allen drei ſüdlihen Halbinſeln unſeres Erdteiles ſowie, laut Alfred Walter, wenigſtens zum Teile auh in Turkmenien.

Zurükehrend aus ſeiner Winterherberge erſcheint er oft ſhon im Februar, ſpäteſtens im März, und wenn der Herbſt einigermaßen günſtig iſt, verweilt er niht bloß wie gewöhnlich bis Ende Oktober, ſondern noch bis tief in den November hinein in ſeinem Brutgebiete. Jm Gebirge begegnet man ihm no<h in der Höhe von 2000 m, vorausgeſeßt, daß ſich hier, und wenn auh einige hundert Meter tiefer, ein paſſender Brutplatz findet. So gern er übrigens im Gebirge wohnt, ſo darf man ihn doch niht zu den Hochgebirgsvögeln zählen. Ex liebt mehr die Vorberge und das Mittelgebirge als die höchſten Kuppen und iſt wohl überall in der Ebene no< häufiger als in den Bergen. Dort bildet das eigentlihe Wohngebiet ein Feldgehölz oder auch ein größerer Wald, wo auf einem der höchſten Bäume der Horſt ſteht, ebenſo häufig aber eine Felswand und, zumal in ſüdlichen Gegenden, ein altes Gebäude. Verfallenen Ritterburgen fehlt der Turmfalke ſelten; auh die meiſten Städte geben ihm regelmäßig Herberge. Jh habe ihn in allen größeren und kleineren Städten, deren Türme, Kirchen und andere hohe Gebäude ihm Unterkunft gewähren, wenn auch nicht überall als Brutvogel beobachtet. Als ſolcher aber bewohnt er den Stephansturm in Wien, den Kölner Dom und viele der altertümlichen, aus Ziegeln erbauten Kirchen der Mark, ebenſo wie er im Süden Europas an entſprechenden Orten ſtets gefunden wird. Manchmal teilt er wenigſtens zeitweilig denſelben Aufenthalt mit dem Wanderfalken, und es erſcheint mir keineswegs unwahrſcheinlich, daß beide in den Höhlungen desſelben Felſens oder hohen und alten Gebäudes horſten. Zwar erinnere ih mi, irgendwo das Gegenteil geleſen und die Behauptung aufgeſtellt gefunden zu haben, daß der Turmfalke den von ihm bis dahin benugten Horſt verlaſſe, wenn ein Wanderfalke in der Nähe ſih anſiedle, weiß jedo<h niht mehr, ob eine beſtimmte Thatſache erzählt oder nur eine Vermutung ausgeſprochen worden war. Unter Dohlen und Tauben brütet jener ebenſo regelmäßig wie im freien Felde unter Saatkrähen oder ſelbſt inmitten eines Reiherſtandes.

Der Turmfalke zählt unbeſtritten zu den liebenswürdigſten Falken unſeres Vaterlandes. Seine Allverbreitung und ſein hier und da häufiges Vorkommen geben jedermann Gelegenheit, ihn zu beaten; wer dies aber thut, wird ihn liebgewinnen müſſen. Vom frühen