Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

“CEE

Gaukler: Verbreitung. Gebaren, Flugſpiele. Weſen. 3183

Sudan, meiſt zuſammenhanglos mit anderen Gebirgen, erheben, und ebenſo längs der Niederungen und Sümpfe des Weißen und des Gazellenfluſſes beobachtet. Man ſieht ihn ſehr oft, iſt jedo< ſelten im ſtande, mit ihm genauer bekannt zu werden. Gewöhnlich zeigt er ſi fliegend. Er ſtreiht in hoher Luft dahin, ſtets außer Schußweite, und ſucht von oben aus weite Stre>en ab. Heuglin erfuhr, daß er ſchon mit Tagesanbruch die höheren Bäume, auf welchen er die Nacht zubrachte, verläßt, und von nun an, anhaltend fliegend, ſein Gebiet dur<hkreiſt: ih habe ihn ſo früh niht in Bewegung geſehen und nur ausnahmsweiſe kreiſend beobachtet, vielmehr faſt ſtets gefunden, daß er in gerader Richtung ſeines Weges zieht, ohne ſih aufzuhalten, es ſei denn, daß er eins ſeiner Flugſpiele ausführen wolle oder eine Beute entde>t habe. Fn den lebten Vormittagsſtunden erſcheint er regelmäßig am Waſſer, verweilt hier einige Zeit und fliegt dann einem benachbarten Baume zu, um hier ſtundenlang zu ruhen. Gegen Abend tritt er einen neuen Fagdzug an, und erſt bei einbrehender Dunkelheit begibt er ſih zur Ruhe. Levaillant ſagt, daß man ihn immer paarweiſe antreffe; ih muß das Gegenteil behaupten: nah meinen Erfahrungen zeigt er ſih regelmäßig einzeln. Das Paar ſcheint ein ſehr ausgedehntes Gebiet zu bewohnen und außer der Brutzeit ſi<h nur ſelten zu vereinigen, vielmehr einzeln ſeine Wege zu ziehen.

Auch der ungeübteſte Beobachter wird den Gaukler erkennen müſſen. Seine Erſcheinung iſt ſo auffallend, daß ſie überall zu Sagen Veranlaſſung gegeben hat. Speke wurde von den Eingeborenen Oſtafrikas alles Ernſtes verſichert, daß der Schatten des Vogels unheilvoll ſei; in manchen Teilen Afrikas dagegen betrachtet man ihn mit einer gewiſſen Ehrfurcht, weil man ihn als den Arzt unter den Vögeln anſicht, der von fernher wunderbar heilkräftige Wurzeln herbeiträgt. Die Abeſſinier nennen unſeren Vogel „Himmelsaffen“. Jeder dieſer Namen und jede Sage, welche der Gaukler ins Leben gerufen hat, begründet ſih auf Geſtalt und Betragen des Tieres. Vor allem iſt es der Flug, der in ſeiner Art ſo wunderbar iſt wie von keinem Vogel weiter. Meine früher gegebene Beſchreibung dieſer Bewegung iſt von einem kenntnisreichen Freunde als zu dichteriſh erahtet worden: ih kann dies aber auch heute no< nicht zugeſtehen. Nicht umſonſt gab Levaillant unſerem Raubvogel den Namen Gaukler; denn wie ein ſolcher bewegt ſih dieſer Buſſard in der Luſt: er ſhwimmt, tummelt, ſpielt, fliegt, als ſei es nux, um ſeines Herzens Luſt Genüge zu leiſten, niht aber, um Nahrung zu ſuchen. Schon Levaillant erwähnt, daß er bisweilen plößlih eine Stre>e herabfällt und die Flügel ſo heftig zuſammenſchlägt, daß man glaubt, er habe einen von ihnen gebrohen und müſſe auf die Erde fallen: ih habe ihn förmlich Luftſprünge ausführen ſehen. Eigentlich beſchreiben läßt ſih der Flug des Gauklers nicht: er iſt einzig in ſeiner Art. Die Flügel werden oft hoch über den Körper erhoben, viele Minuten lang niht bewegt und dann wieder ſo heftig geſchlagen, daß man ein eigentümliches, auf weithin hörbares Geräuſh vernimmt. Nur während des Fluges zeigt der Vogel ſeine volle Schönheit; im Sigzen erſcheint er mehr auffallend als anziehend. Namentlih wenn er aufgebäumt hat, ſieht er ſonderbar aus. Er bläſt ſih manchmal zu einem wahren Federklumpen auf, ſträubt Kopf- und Halsfedern und dreht und wendet den Kopf dabei bald nach oben, bald nah unten, ganz wie ein Uhu. Wenn er etwas Auffallendes bemerkt, nimmt er beſondere Stellungen an: er breitet dann auch die Flügel aus und begleitet dies dur<h noc heftigere Kopfbewegungen als ſonſt.

Unter ſeinen Sinnen ſteht das Geſicht unzweifelhaft obenan, wie ſhon das große Auge hinlänglich beweiſt; aber au< das Gehör iſt wohl entwi>elt und das Gefühl niht verkümmert. Über die übrigen Sinne habe ih kein Urteil. Das geiſtige Weſen iſ eigentümlicher Art. Eigentlih mutig kann man den Gaukler niht nennen, obwohl er Kämpfe der gefährlichſten Art beſteht; er ſcheint vielmehr ziemlih feig und gutmütig zu ſein. Fm