Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Ameive. — Ringelechſen: Allgemeines. 127

zu kraßen, und verfährt wie vorher. Man ſagte Goſſe, daß ſie ihre Wohnlöcher ſelbſt aus\charre und unter Umſtänden während der Keimzeit des Getreides dadurch in Feldern Schaden bringe, au< wohl die keimende Saat verzehre; unſer Gewährsmann fand jedo< in dem Magen aller von ihm unterſuchten Ameiven immer nur die Reſte verſchiedener Kerbtiere und dann und wann die Samen von Beeren.

Niemals beſteigt die Ameive Bäume, und ebenſowenig begibt ſie ſi< ohne dringende tot in das Waſſer. Sie klettert zwar an nahezu ſenkrehten Mauern empor, thut dies jedo<h nur ausnahmsweiſe, <hwimmt auch, wenn man ſie ins Waſſer wirft, recht gut und zwar dur ſhlängelnde Bewegungen ihres Leibes, ohne Hilfe der Beine, ermüdet aber bald und gerät dabei gänzlih außer Atem.

In dem Leibe trächtiger Weibchen fand Goſſe 4 Eier; aus Höhlen der Ameive wurden ihm andere gebracht, die ungefähr 2 em lang und vollkommen eirund, von weißer Farbe und mit einer dünnen, bieg- und ſ{hmiegſamen Schale umhüllt waren.

Eine in allen ihren Mitgliedern auf grabende Lebensweiſe eingerichtete Familie, die der Ringelechſen (Amphisbaenidae), ſ<ließt ſi<h naturgemäß an die in ihren Gliedmaßen am meiſten verkümmerten und teilweiſe ebenfalls unterirdiſh lebenden TejuEidechſen an.

Die äußere Geſtalt dieſer Ringelechſen iſ durhaus die eines Wurmes, der Leib walzenförmig, lang, allenthalben gleih di> und anſtatt der Shuppen mit einer derben, lederartigen Haut bekleidet, die dur<h Ringfurchen und vertiefte Längslinien, welche die Ringe dur<hſ<hneiden, in zahlreiche kleine, längliche Viere>e geteilt wird. Selten ſtehen zwiſchen dieſen viere>igen Eindrücken der Haut größere, vielwinkelige Schilde, regelmäßig dagegen auf dem Kopfe größere Hautſchilde. Eine Gattung kennzeichnet ſi<h durch das Vorhandenſein von vorderen Gliedmaßen: bei anderen bemerkt man wenigſtens noh Spuren des Bruſt- und des Beckengürtels unter der Haut. Der Schwanz iſt bei allen kurz und di>, Allen Arten fehlt das Gehörorgan; die lidloſen Augen ſind höchſt unvollkommen, ſ{himmern höchſtens wie dunkle Punkte unter der allgemeinen Körperhaut, die auch ſie überzieht, hervor und rihten ſi<h faſt ganz nah oben; die Naſengänge münden gewöhnli<h nahe der Schnauzenſpigze.

Bei Zergliederung der Ringelechſen ſtellt ſi<h heraus, daß ſie von anderen Eidechſen dur< folgende Merkmale abweichen: Der Schädel iſt in ſeiner Form ſehr we<hſelnd, gewöhnlich aber lang, in der Mitte eingezogen, über der Schnauze ſtark gewölbt, dem Schädel eines fleiſhfreſſenden Säugetieres inſofern einigermaßen ähnlih, als auf dem Scheitel längs der Mitte ein ſtarker Knochenkamm ſteht und das Hinterhaupt von einer ſcharfen und breiten Knochenleiſte überzogen wird. Der maſſige, hinten ſehr erhöhte, im übrigen gleichfalls im Baue ungemein we<ſelnde Unterkiefer nimmt an Länge kaum die Hälfte des ganzen Schädels ein; die Augenhöhle hat nach innen keine Scheidewand und iſ au<h nah hinten offen und mit der Schläfengrube verſhmolzen, knöcherne Bogen an den Kopfſeiten und das Säulchen fehlen, der Zwiſchenkiefer iſt einfa<h, ungeteilt. Einige Ringele<hſen haben ein Bruſtbein, andere nux winzige Neſte eines ſolchen, während es bekanntlich allen übrigen Echſen zukommt. Wenige große Zähne ſtehen auf oder an den Kiefern, erſtre>en ſih aber, wie Wagler hervorhebt, nah hinten kaum bis zum vorderen Augenwinkel, wie es bei den Echſen regelmäßig der Fall iſt; Flügelbeinzähne fehlen allen bekannten Arten. Die Zunge iſt furz, breit und fla<h, vorn zweiſpißig und wird am Grunde von keiner Scheide umſchloſſen. Wie bei den Schlangen iſ nur eine einzige Lunge entwickelt und die