Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 270
232 Dritte Ordnung: Weichfloſſer; fünfte Familie: Flachfiſche.
und da gebräuchliche Verfahren, während der Ebbe mit bloßen Füßen die mit Waſſer angefüllten Lachen des Strandes zu durhwaten, die erfühlten Fiſche mit dem Fuße niederzutreten und dann einzuſammeln. An günſtigen Stellen der Küſte wird auf dieſem einfachen Wege oft reiche Beute gewonnen. Ergiebiger iſt eine andere Fangart, das Schollenſtechen. Sie beruht darin, daß der Fiſcher vom Boote aus bei ſtillem Meere den überfluteten Grund abſuht und die erſpäheten Flachfiſhe mit einer Lanze anſpießt oder auf ſie ein mit Blei beſhwertes, vielſpißiges Werlzeug ſ{hleudert, das er dann mit dem Fiſche an einer Leine wieder heraufzieht. Auf ebenem Grunde wendet man ein beſonders gebautes Schleppnet, in tiefem Waſſer die Angel oder die Grundleine an.
Vielfache Beobachtungen und Verſuche, die man anſtellte, haben ergeben, daß ſi< Flachfiſche im ſüßen Waſſer trefflih halten. Sie lebend zu verſenden, verurſacht nicht die geringſten Schwierigkeiten, denn ihre Lebenszähigkeit iſt außerordentlih groß. Die Meinung + von Siebolds, daß ſih wenigſtens die Flunder wohl bei uns in Teichen und Seen erziehen laſſen werde, hat gewiß ſehr viel für ſih; ich teile niht einmal das von gedahtem Forſcher ausgeſprochene Bedenken: der gefräßige Fiſh werde in unſeren Süßgewäſſern niht genug Nahrung finden, da die in England angeſtellten Verſuche äußerſt günſtig ausgefallen ſind, die verſeßten Fiſche alſo doh wohl anſtatt der Muſcheln und Würmer des Meeres anderweitig genügende Nahrung gefunden haben müſſen. M'Cullo ch berichtet von Zungen, die man mehrere Jahre lang in einem Gartenteiche gehalten habe, und behauptet, daß ſie hier no< einmal ſo groß und fetter geworden ſeien als in der See. Ein anderer Fiſcher hat, nah Yarrell, über ein Jahrzehnt Zungen ins Süßwaſſer übergeführt; ſie blieben in den Flüſſen, gediehen vorzüglih, nahmen bedeutend zu an Gewicht und pflanzten ſi fort. Die Angelegenheit verdient alſo gewiß die Berückſichtigung verſtändiger Fiſchzüchter.
Jn engerem Gewahrſame halten ſih die Flachfiſche ſo leiht wie irgend ein anderer ihrer Klaſſenverwandten, gewöhnen ſi< ſehr bald an die Enge des Be>ens, wählen ſi<h einen beſtimmten Stand, lernen, wie ih wenigſtens annehme, ihren Pfleger und ſelbſt die Futterzeit kennen und ſcheuen ſi<h niht, dieſem die ihnen vorgehaltene Nahrung aus der Hand zu nehmen.