Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 286

248 Vierte Ordnung: Edelfiſche; dritte Familie: Karpfen.

überhaupt berihtet wird, bei Frankfurt a. D. gefangen worden ſein, an Länge über 25 m gemeſſen und an 35 kg gewogen haben. Das Maul iſt weit, mit di>en Lippen und ſtarken, langen Värteln umgeben, die Shwanzfloſſe tief halbmondförmig ausgeſchnitten, der ſtarke Knochenſtrahl der Nü>ken- und Afterfloſſe gezähnelt, die Färbung wie die Geſtalt ſehr verſchieden, vom Goldgelben ins Blaugrüne ſpielend. Rücken und Floſſen ſehen gewöhnlih grau, Lippen und Bauch gelblih aus; die Floſſen haben rötlihen Anflug; die Schuppen tragen in ihrer Mitte oft einen dunkeln Fle>en, auh niht ſelten am Hinterrande einen ſ{<wärzlihen Saum. Jn der Rükenfloſſe ſtehen 3 oder 4 unvollkommene und 17—22 vollkommene, in der Bruſtfloſſe 1 ſtahliger und 15—16 weiche, in der Bauchfloſſe 2 harte und 8—9 weiche, in der Afterfloſſe 3 harte und 5 weiche, in der Schwanzfloſſe 17—19 Strahlen, die ſämtlih gegliedert und nah oben hin verbreitert ſind.

Bis in die neuere Zeit hat man mehreren Blendlingen und Ausartungen des Karpfens den Rang von wirklichen Arten zugeſtanden; aus den eingehenden, ſorgfältigen Unterſuhungen von Siebolds geht jedo<h faſt mit Gewißheit hervor, daß ſolhe Anſicht unrichtig iſt. „Daß man die in ihrer Beſhuppung ausgearteten Karpfen“ ſagt genannter Forſcher, „nämlich den mit wenigen, unverhältnismäßig großen Schuppen beſeßten Spiegelfarpfen (Cyprinus specularis oder Cyprinus rex cyprinorum) und den von allen Shuppen entblößten Lederkarpfen (Cyprinus nudus), nur als Spielarten und niht, wie man früher glaubte, als beſondere Arten zu betraten habe, daran hat man ſich lange gewöhnt; daß aber auh Karpfenraſſen veränderte Körperumriſſe, wie ſie bei unſeren warmblütigen Haustieren oft in ganz auffallender Weiſe vorkommen, an ſi tragen können, das mögen ſelbſt manche Fiſhkundige niht einräumen. Es kann der Karpfen, deſſen Körper in urſprünglicher Form längli<h und etwas ſeitlih zuſammengedrü>t erſcheint, unter gewiſſen Einflüſſen ſi länger ſtre>en und auf dem niedriger gewordenen Rü>en ſeitlih abrunden oder unter anderen Einflüſſen verkürzen und einen ſteiler anſteigenden ſowie no< mehr zuſammengedrücten Nü>ken erhalten. Eine dieſer Raſſen, bei welcher die zuerſt erwähnten Veränderungen ſih in ſehr großer Ausdehnung geſteigert finden, hat He>el als beſondere Art betrachtet und mit dem Namen See- oder Theißkarpfen (Cyprinus hungaricus) bezeihnet. Der Fiſh tommt ſehr häufig auf den Wiener Fiſhmarkt; aber auh auf dem hieſigen (Münchener) Fiſhmarkte werden von Zeit zu Zeit Teichkarpfen feilgeboten, die aus ſhwäbiſhen Gegenden ſtammen und von dem Seekarpfen ſih in nihts unterſcheiden. Der faſt cylindriſche Leib, der beinahe ganz gerade verlaufende lange Rütten, der ſeinen Höhepunkt ſhon weit vor dem Anfange der Nückenfloſſe erreicht, die ſtumpfe Shnauze mit der nur wenig nah vorn aufſteigenden Mundſpalte und der ganz gerade Verlauf des Bauches, alle dieſe Merkmale, die He>el als hauptſächlihſte ſeines Karpfens hervorhebt, finden ſih bei den vorhin erwähnten, auf dem Münchener Fiſhmarkte eingetroffenen Teichkarpfen ausgeprägt. Eine Mittelform zwiſchen den weniger geſtre>ten Teichkarpfen und dem ſehr lang geſtre>ten ungariſchen Seekarpfen ſtellt die von Prinz Lucien Bonaparte ebenfalls zu einer beſonderen Art erhobene und als Karpfenkönigin (Cyprinus regina) bezeihnete Spielart dar. Auch dieſe Raſſe kann ih unter den vielen Zuchtkarpfen, die aus den verſchiedenen Teichen von Bayern, Schwaben, der Oberpfalz, Franken und Böhmen hierher zu Markte gebracht werden, mit Leichtigkeit herausfinden. Eine zweite Reihe der Spielarten, zu welchen der Teichkarpfen auf der anderen Seite ausarten kann, umfaßt die kurzleibigen, hohrüdigen Formen, unter denen die von Heel und Knex als Spißkarpfen (Cyprinus acuminatus) beſchriebene und abgebildete als die kürzeſte und am meiſten hohrü>ige Spielart ſih auszeihnet. Es bewohnt dieſe Naſſe die Donau, den Neuſiedler- und Plattenſee. Unter den verſchiedenen kurzleibigen und hochrückfigen Teichkarpfen, die nebſt den Spiegelkarpfen in großer Anzahl aus der Umgegend von Dinkelsbühl zum Verkaufe hierher