Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 316

278 Vierte Ordnung: Edelfiſche; dritte Familie: Karpfen.

mit den Lippen ſ{hmaten, bevor die Weibchen ihre kleinen gelblihen Eierhen, etwa 140,000 Stü> jedes einzelne, an Waſſerpflanzen abſeßen. Bei günſtiger Witterung iſt das Laichen binnen 35—4 Tagen beendet; tritt jedo< plöglih \{<le<tes Wetter ein, ſo tehren ſie wieder in die Tiefe zurü>, ohne den Laich abgeſeßt zu haben. Dasſelbe geſchieht, wenn ſie anderweitig geſtört, beiſpiel8weiſe erſhre>t werden; demzufolge foll man in Schweden während der Laichzeit ſogar das Läuten der Glocken in der Nähe der Seen verboten haben. Wenige Tage nah dem Abzuge der Fiſche wimmeln die ſeichten Uferſtellen von Millionen ausgeſ<lüpfter Jungen, die ſi< no< einige Zeit auf der Stätte ihrer Geburt umhertreiben und dann ihren Eltern in die Tiefe folgen. Wahrſcheinli<h bringen auh die Braſſen einen Teil des Winters im Schlamme ruhend zu; hierauf deutet wenigſtens eine Angabe Gesners, die dur<h die neueren Beobachter niht widerlegt worden iſt.

Das Fleiſ<h wird von einigen außerordentli<h gerühmt, von anderen gering geſchäßt. Jene ſagen, daß der Blei nächſt dem Karpfen unſer beſter Flußfiſ<h wäre; dieſe meinen daß ſein Fleiſh der vielen Gräten halber kaum genoſſen werden könne. GeSsner ſhließt ſih erſteren an. „Die Braſemen werden bey uns in hohem Werth gehalten, dann ſie haben ein gut Fleiſh, und werden deßwegen von allen Nationen gelobet und geprieſen.“ Wahrſcheinlih hängt das Urteil ab von der Größe der geprüften Fiſche und der Örtlichkeit, wo ſie gelebt haben, weil das Fleiſh von größeren Bleien beſſer iſt als das von kleineren, und weil es einen Modergeſ<hma> annimmt, wenn ſih der Fiſh vor dem Fange längere Zeit in ſumpfigem oder ſtark ſ{hlammigem Gewäſſer aufhielt. Fn Nord- und Oſtdeutſchland wird das Fleiſh weniger geſchäßgt als in Süddeutſchland und Öſterreih. Hier wie dort, überhaupt allerorten, wird der Blei eifrig verfolgt. Fn Großbritannien iſt er der Lieblingsfiſ<h der Angler, weil er leiht anbeißt; im Norden und Oſten unſeres Vaterlandes betreibt man den Fang gewöhnlih mit großen Neßen und regelmäßig mit gutem Gewinne. Unter günſtigen Umſtänden werden viele dieſer Fiſche eingeſalzen und geräuchert. Außerdem pflegt man ſie zu verſenden, weil ſie, namentli<h wenn man ſie in Schnee verpa>t und ihnen ein mit Branntwein befeuchtetes Stü Brot in den Mund gibt, ebenſo leicht wie der Karpfen oder die Karauſche längere Reiſen aushalten. Fn der Teihwirtz ſchaft verwendet man ſie ebenſowenig wie andere Brachſen.

Zärthe, Ruß-, Blau- oder Meernaſe, Näsling, Sündl 2c. (Abramis yvimba und wimba, Cyprinus vimba, carinatus und zerta; Abbildung S. 280) nennen die Fiſcher einen Brachſen, der weit über Europa verbreitet iſt, hauptſählih dem Norden angehört und nicht bloß in ſüßem, ſondern auch in bra>igem und ſalzigem Waſſer gefunden wird, Während ſie in einzelnen Süßgewäſſern niht zu wandern ſcheint, ſteigt ſie vom Meere aus im Frühlinge in die Flüſſe auf, um zu laichen, verweilt darin während des Sommers und kehrt dann nach tieferen Gewäſſern zurü>, um hier den Winter zu verbringen. Jn den Seen hält ſich die Zärthe gewöhnlih in einer Tiefe von 10—20 Faden auf, regelmäßig da, wo der Grund ſchlammig iſt; denn auh ſie wühlt nah Art ihrer Verwandten Nahrung ſuchend im Boden und trübt dadur<h das Waſſer ſo, daß ſie ſich ſelbſt verrät. Während der Laichzeit vereinigt ſie ſi< zu ſehr großen Scharen und gibt dann Gelegenheit zu ergiebigem Fange. So werden, laut Pallas, in allen ruſſiſchen Strömen, die ins Shwarze Meer münden, alljährlih unſchäßbare Mengen gefangen, eingeſalzen, getro>net und fuderweiſe in entfernte Teile des Reiches geführt. Zuweilen iſt der Fang ſo ergiebig, daß die Kaufleute, die ſi< mit dem Einſalzen und Verſenden beſchäftigen, den Fiſchern eine Bedingung ſtellen müſſen, dahin lautend, daß ſie nur verpflichtet ſind, bis 70,000 Stü> von einem Fange abzunehmen. Zhr Fleiſh wird dem des Bleies gleich geachtet. Nah Bloch legt jeder Rogener gegen 300,000 Eier, und zwar auf ſeichten,