Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

30 Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit,

Fiſchereigenoſſenſchaften hingewirkt, und in der Hand ſolcher wird es liegen, ohne erhebliche Schädigung des einzelnen, Einrichtungen zu treffen, die allen zu gute kommen. «Fede derartige Vereinigung verſtändiger Männer muß unſerer Fiſcherei zum Nuten gereichen. und wäre es auh nur dadurch, daß der einzelne zum Nachdenken über den hohwichtigen Gegenſtand angeregt, zur Unterſtüßung der gemeinſamen Beſtrebungen angeſpornt, zur Beobachtung der Fiſche und ihres Lebens hingeleitet wird.

Gerade in leßterer Hinſicht bleibt noch viel zu thun übrig. Über die Lebensweiſe und Lebensbedingungen aller übrigen Wirbeltiere wiſſen wir mehr und Sichereres als über das Thun und Treiben, die Gewohnheiten und Bedürfniſſe der Fiſche. „Viele wichtige Fragen, worüber weder die Fiſcher noh die Gelehrten im klaren ſind, und deren Entſcheidung von der größten Wichtigkeit für die Hebung der Fiſcherei iſt“, bemerkt Bene>e, „harren noh der Löſung. Die Bedingungen, woran ſih in verſchiedenen Gewäſſern das Gedeihen der Fiſche knüpft, ſind uns noch ebenſo unbekannt wie die beliebteſte und zuträglichſte Nahrung einzelner, ja der meiſten Arten. Dies iſt wohl einer der Hauptgründe, daß manche mit reichen Mitteln ins Werk geſezte Verſuche, wertvolle Fiſche hier oder dort einzubürgern, gänzlih mißlungen ſind. Über den Grund des plöglihen Abſterbens der Fiſche in Flüſſen und Seen ſind wir no< gänzlih im unklaren. Die Urſachen, welche die Fiſche mitunter zu plößlichen ungewohnten Wanderungen antreiben, ſo daß z. B. die Aale, die ſonſt zur Winterzeit im Schlamme verborgen liegen, zu derſelben Zeit in den Haffen frei umher[hwimmen und in den großen Wintergarnen gefangen werden, ſind uns no< durchaus unbekannt. Was alſo in den verſchiedenen Gewäſſern zur Vermehrung des Fiſchbeſtandes geſehen muß, kann nur dur< Sahverſtändige ermittelt werden, die ihre volle Kraft der Beobachtung der Fiſche widmen.“ Frankreih, England und Amerika ſtehen in dieſer Beziehung hoh über uns, indem in allen genannten Staaten Mittel bewilligt werden, denen gegenüber die von den deutſchen Regierungen ausgeworfenen ſehr unerheblih erſcheinen.

Ein vielfach überſchäßtes, aber doh keine8wegs unwirkſames Mittel, unſere Flüſſe und Bäche wiederum zu bevölkern, beruht in der ſogenannten künſtlichen Fiſchzucht, die in China ſchon ſeit Jahrhunderten geübt, in Europa dagegen erſt im Anfange des vorigen Jahrhunderts entde>t wurde. Seit dem Fahre 1733 hatte ſih Jacobi, ein Landwirt in LippeDetmold, mit der künſtlichen Befruchtung des Forellenlaihes beſchäftigt, 30 Jahre ſpäter die von ihm gewonnenen Ergebniſſe veröffentliht. Seine Entde>ung geriet, obwohl ſie von Buffon, Duhamel und anderen Gelehrten beſtätigt wurde, faſt gänzlih in Vergeſſenheit; die dur<h ein Menſchenalter fortgeſeßten Zuchtergebniſſe des Thüringer Pfarrers Arma> im Weſtkreiſe Sachſen-Altenburgs wurden nicht veröffentlicht, und man erinnerte ſich ihrer erſt wieder, als 1837 Shaw in Schottland, 1848 Nemy in Frankreih und 1850 Sandungen in Norwegen ſelbſtändig dasſelbe Verfahren aufgefunden hatten. Nun war es zuerſt die franzöſiſche Regierung, welche die erforderlichen Mittel bewilligte, um Verſuche in großem Maßſtabe anzuſtellen, und Coſtes Bemühungen gelang es, die erſte namhafte Fiſchbrutanſtalt zu Hüningen im Clſaß zu gründen. Gemeinden und Grundbeſißer Frank reis beeilten ſich, dem gegebenen Beiſpiele zu folgen; in England und Amerika nahm man ſich der hochwichtigen Angelegenheit mit Eifer und Erfolg an, und nunmehr kam man au in Deutſchland und Öſterreih:Ungarn, woſelbſt gegenwärtig eine niht unerhebliche Anzahl teilweiſe ſehr bedeutender Fiſchbrutanſtalten beſteht, auf die deutſhe Entde>ung zurüd.

„Die künſtliche Fiſhzucht“, fährt Bene>e fort, „begann ihre Wirkſamkeit mit der Befruchtung des Laiches la<hsartiger Fiſche, und noch heutigestags iſt der größte Teil der Fiſchbrutanſtalten faſt ausſ<ließlih dem Lachſe und ſeiner Verwandtſchaft gewidmet. Man hat gerade bei dieſen Fiſchen oft Gelegenheit, ihr Verhalten auf den natürlichen, in flachem, ſchnell fließendem Waſſer gelegenen Laichpläßen zu beobachten. Sobald ein Weibchen ſeine